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ParteitagFDP zerlegt ihre Führung

Fraktionschef Lindner verliert den Zweikampf um die Parteispitze und steht vor einer ungewissen Zukunft. FDP fordert Gleichstellung staatlicher und privater Schulen.

Die zwei Widersacher: der Fraktionsvorsitzende Martin Lindner (l) und der alte und neue Landesvorsitzende, Markus Löning. Bild: DPA

Der in seinem Amt bestätigte FDP-Landeschef Markus Löning hat sich auf dem FDP-Parteitag am Wochenende um ein geschlossenes Auftreten seiner Partei nach außen bemüht. Dagegen scheint die politische Zukunft seines unterlegenen Herausforderers, Fraktionschef Martin Lindner, weiter unklar. In einem Leitantrag forderten die Delegierten, die Schulpflicht um ein Jahr vorzuziehen.

Bereits am Freitagabend hatten die 350 Delegierten Löning als FDP-Vorsitzenden wiedergewählt. Der 47-jährige Bundestagsabgeordnete konnte sich knapp mit 180 zu 163 Stimmen gegen Lindner durchsetzen. Vorausgegangen war ein monatelanger Machtkampf, bei dem beide Konkurrenten an der Basis intensiv für sich geworben hatten.

Wahlsieger Löning sprach sich dafür aus, die Zusammenarbeit mit Lindner "ohne Vorbehalte" fortzusetzen. Der Fraktionschef habe sehr gute Arbeit für die FDP geleistet. "Es gibt zwischen uns keine großen inhaltlichen Unterschiede", fügte Löning hinzu. Lindner und er hätten vereinbart, sich in den kommenden Tagen zu treffen, um unter vier Augen die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

Der neue Vorstand, der auf dem Parteitag gewählt wurde, bilde alle Teile der Partei ab, ergänzte Löning. Die Bezirksvorsitzenden hätten ihm gegenüber große Bereitschaft gezeigt, die durch den Machtkampf um den Parteivorsitz hervorgerufene innere Spaltung der Partei zu überwinden und sich wieder geschlossen der inhaltlichen Arbeit der FDP zuzuwenden. Aus Sicht des Wahlverlierers Lindner stellt sich die künftige Parteiarbeit schwieriger dar. Er müsse sondieren, inwieweit es noch eine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit mit Löning gebe, sagte der Fraktionschef.

Zu einem möglichen Rücktritt vom Fraktionsvorsitz als Konsequenz aus der Niederlage äußerte sich Lindner ausweichend: "Der Fraktionschef wird von der Fraktion gewählt, wir werden diskutieren, wie es weiter geht." Lindner galt im Abgeordnetenhaus lange als heimlicher Oppositionsführer, der mit scharfen Attacken auf die rot-rote Koalition der zahlenmäßig stärkeren CDU diese Rolle erfolgreich streitig machte. Wegen seiner teilweise überzogenen Polemik war er aber nicht unumstritten.

Die FDP habe "zu Recht" ihrem "auf Krawall gebürsteten Fraktionschef" die gelbe Karte gezeigt, sagte Grünen-Landeschefin Irma Franke-Dressler. Wer für Berlin im Parlament etwas bewegen wolle, müsse auch zu Konsens und Zusammenarbeit fähig sein. Lindner, dem Ambitionen auf eine Kandidatur für den Bundestag nachgesagt werden, gilt als Verfechter einer sogenannten Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP.

Die Delegierten verabschiedeten ohne Gegenstimme einen Leitantrag zum Schwerpunktthema "Kinder, Schule, Zukunft!". Darin fordern die Liberalen unter anderem die Einführung einer verbindlichen "Startklasse" vor Eintritt in die Grundschule. "Die Schulpflicht soll ein Jahr früher beginnen", sagte Löning. Dadurch würden unter anderem die Sprachkenntnisse vieler Kinder verbessert.

Zudem setzt sich die FDP für die finanzielle Gleichstellung von staatlichen und privaten Schulen ein. So sollen alle Eltern unabhängig von ihrem Geldbeutel die Schule ihrer Wahl auch bezahlen können. Diese Bürgerschule soll der Saat über die Einführung von Schulgutscheinen finanzieren. Privatschulen dürften dann kein Schulgeld mehr erheben.

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