piwik no script img

Parteitag der SPDDie SPD kennt nur noch Böhrnsen

Die SPD inszeniert ihren Wahlkampfauftakt in der Werkshalle der BSAG. Böhrnsen überzeugt die Delegierten, dass neben ihm kein Platz mehr ist.

Stimmung? Die BSAG-Werkshalle als Parteitagskulisse. Bild: Kawe

Jens Böhrnsen braucht eigentlich nur "einen Satz", sagt er, um seine Botschaft zusammenzufassen: Die SPD will eine "faire Gesellschaft", und dazu gehören "wirtschaftlicher Erfolg, soziale Sicherheit und Nachhaltigkeit". Den Landesparteitag am vergangenen Samstag überzeugte das Angebot so sehr, dass es praktisch keine Diskussion gab - einhellig verabschiedeten die Delegierten das Wahlprogramm, dass in großer Siegessicherheit schon "Regierungsprogramm" genannt wurde.

Mit komplizierten Einzelheiten will sich Böhrnsen nicht aufhalten - "wir stehen für eine Richtung, eine Idee", sagt er. Deswegen könne er dem Hartz-IV-Kompromiss in Berlin "ohne Probleme" zustimmen: Bildungspaket, Entlastung der Kommunen, bescheidene Erhöhung der Regelsätze. Es sei nur ein "kleiner Schritt" gewesen, "aber die Richtung stimmt", so Böhrnsen. Und ohne den Erfolg der SPD bei den NRW-Wahlen hätte es selbst das nicht gegeben - bei der Landtagswahl verlor die schwarz-gelbe Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundesrat.

Auch der Erfolg der SPD in Hamburg hat bundesweite Bedeutung. Nach sieben Landtagswahlen in diesem Jahr könnten am Ende nicht nur die Mehrheiten im Bundesrat weiter verschoben sein, es könnte sich auch zeigen, dass die Bundesregierung keine Mehrheit mehr hat, erklärte Böhrnsen.

Vielleicht motiviert das, zur Wahl zu gehen - mehr jedenfalls als die Botschaft, dass in Bremen alles so weiter gehen soll wie bisher. Von den Konkurrenten bei der Bürgerschaftswahl am 22. Mai nimmt Böhrnsen offenbar vor allem die Grünen ernst. Die CDU tat er mit einer Bemerkung ab: "Bremen schlecht reden" würden die, eine "Beleidigung" für alle Menschen, die gern in Bremen leben. Er rede jedenfalls lieber zunächst "über die Chancen, dann über Schwierigkeiten". Von Wirtschaftspolitik jedenfalls "verstehen wir mehr als alle anderen zusammen" - weil es darauf ankomme, was Wirtschaftspolitik für die Menschen bedeutet. Böhrnsen erklärte das am Beispiel des grünen Umweltsenators Reinhard Loske. Der sitze im "Wohlstandssessel" und denke öffentlich über Verzicht nach. "Wie sollen das die empfinden, die keine oder schlecht bezahlte Arbeit haben? Die Leiharbeiter? Die Hartz-IV-Kinder?" Die SPD vertrete eben auch die, "die auf Solidarität in dieser Gesellschaft angewiesen sind". Deswegen stehe er auch dazu, dass Bremen "eine Autostadt" sei. Über 12.000 Menschen finden dort gut bezahlte Arbeit. Er finde es gut, dass Daimler in Bremen produziert. Die Kulisse des Parteitages war gut gewählt für diese Botschaft: Für den Parteitag waren 200 Stühle in die Montage-Halle der BSAG gestellt worden. Es roch nach Öl, im Hintergrund war ein Bus aufgebockt mit offener Motorklappe, Straßenbahnen standen zur Reparatur. Mit dem Autobau, den Stahlwerken und vielen anderen Betrieben gebe es einen modernen industriellen Kern in Bremen, nicht nur Dienstleistung, meinte Böhrnsen. Und er lobte gleichermaßen die erfolgreiche Universität wie die Raumfahrt-Industrie, die gerade den in Bremen gebauten Transporter ATV mit der Bremer Ariane zu der in Bremen integrierten Raumstation Columbus geschickt habe.Irgendwie fühlten sich alle angesprochen durch Böhrnsens Art, zu Menschen zu reden und nicht nur über Sachen. Er vermied dabei - wie das "Regierungsprogramm" - jede konkrete Festlegung auf möglicherweise kontroverse Details. So gab es am Ende nur einen Diskussionsbeitrag. Der frühere Planungschef im Bremer Rathaus, Gerd Markus, fand "ein bisschen viel Harmonie" in den Reden. Es gebe Themen, über die mehr "Nachdenken" angesagt sei. Die Delegierten des Parteitages interessierte das aber nicht mehr. Sie wollten mittags zu Hause sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • ES
    Echnaton Sansibar

    Lieber Herr Schwabe,

     

    woher wissen Sie das? Leben Sie in Bremen? Ich glaube, sie projizieren hier, und Projektion bedeutet auch, daß man eigene Probleme auf andere Objekte überträgt. Vielleicht sollten sie ihre eigene symbolische Tür ölen. Bremen ist kein wirschaftlich maroder Stadtstaat trotz Schulden, hier gibt es sehr viel an funktionierender Wirtschaft. Und es ist eine wirklich schöne Stadt, und lebenswert. Wo wohnen Sie eigentlich?

     

    Es ist im übrigen von großem Interesse, wer die Wahl gewinnt. Manchmal ist der Erhalt von Ressourcen wichtiger, als ständiges Sparen. Leider fühlen sich auch Die Grünen gezwungen diesen Weg zu gehen.

  • G
    Germanicus

    [zitat]

    Vielleicht motiviert das, zur Wahl zu gehen - mehr jedenfalls als die Botschaft, dass in Bremen alles so weiter gehen soll wie bisher.

    [/zitat]

     

    Mich motiviert es definitiv zur Wahl zu gehen. Absolut. Allerdings werde ich mit Sicherheit nicht die SPD wählen.

     

     

    Klar zum Ändern!

     

    Germanicus

  • HS
    Horst Schwabe

    Ist doch völlig egal, wer im Mai die Wahl gewinnt. Bremen ist finanziell platt. Wirtschaftlich geht nichts mehr; wenn was klappt, sind es Türen und wenn was läuft, Nasen. Dieser Stadt-Staat erinnert mich immer mehr an die Krankenschwester, die den Patienten weckt, um ihn eine Schlaftablette zu geben.