Parteispenden-Watch der taz: XXXL-Spenden in kleinen Stücken
Neue Fälle zeigen, dass die sofortige Veröffentlichungspflicht für Großspenden mutmaßlich umgangen wird - wie bei der Möbelfirma XXXL und bei Bosch. Sanktionen gibt es nicht.
BERLIN taz | Die XXXLutz Group, der zweitgrößte Möbelhändler der Welt, versuchte im Jahr 2008 möglicherweise, eine Großspende an die CSU zu verschleiern. Als Großspenden gelten Beträge von über 50.000 Euro pro Jahr und Spender. Erhält eine Partei eine solche Spende, muss sie diese dem Bundestagspräsidenten anzeigen - die Spende wird dann rasch auf der Website des Bundestags veröffentlicht. So sollen die Bürger erfahren, wer die wesentlichen Geldgeber der Parteien sind. Eine solche Großspende überwies der Möbelriese im Jahr 2008 an die CSU, genau genommen waren es die Tochtergesellschaften.
Der österreichische Konzern expandiert seit 2002 auf dem deutschen Markt und hat zahlreiche Möbelhäuser übernommen, darunter auch die "Mann Mobilia". Unter der neuen Führung spendete die Mann Mobilia GmbH im Jahr 2008 genau 20.000 Euro an die CSU. Denselben Betrag überwiesen jeweils auch die Tochtergesellschaften Mann Handels GmbH Eschborn, die BDSK Handels GmbH und die LN-Möbel Handels GmbH - also insgesamt 80.000 Euro. Alle vier Spender gehören zum Mutterunternehmen Lutz Handels GmbH und sind im taz-Recherchetool unter derselben Adresse verzeichnet: Mergentheimer Straße 59 in Würzburg.
80.000 Euro von der selben Adresse
Durch eine mutmaßliche Aufteilung wurde die Veröffentlichungspflicht umgangen. Damit tauchten die Spenden erst anderthalb Jahre später im Rechenschaftsbericht der CSU auf. Konsequenzen braucht voraussichtlich weder die CSU, noch der Möbelhersteller zu befürchten. Denn das Parteiengesetz hält keinerlei Sanktionen für den Fall bereit, dass ein Unternehmen versucht, die Ad-Hoc-Veröffentlichungspflicht zu umgehen.
Offenbar haben Absprachen stattgefunden
Sanktionen wären laut dem Juristen und Experten für das Parteiengesetz, Frank Saliger, nur unter folgender Bedingung möglich: "Es müsste einen Gesamtplan geben, bei dem das Mutterunternehmen die Tochterunternehmen anweist, Geld zu spenden. Das Mutterunternehmen müsste auch das dafür notwendige Geld an die Subunternehmen verteilen. Dann wäre es nach dem Parteiengesetz strafrechtlich relevant." In diesem Fall wäre auch der Rechenschaftsbericht falsch. Es könnte zu nachteiligen Folgen für die CSU kommen.
Es sei auffällig, so Saliger, dass jedes Mal die gleiche Summe gespendet wurde. "Das deutet daraufhin, dass Absprachen stattgefunden haben", sagte der Strafrechtler von der Bucerius Law School in Hamburg. Aber das allein werde wohl als Beweis nicht ausreichen.
XXXL bestreitet, dass es eine Anweisung des österreichischen Gesellschafters gegeben hat. Seitens des Mutterkonzerns bestehe kein Interesse deutsche Parteien zu unterstützen. "Es handelt sich in allen Fällen um im Möbeleinzelhandel tätige Gesellschaften, die sich der CSU, der FDP und übrigens auch anderen politischen Parteien in irgendeiner Weise verbunden fühlen", sagte ein Sprecher der taz.
"Es ist daher logisch, dass nicht eine Gesellschaft für alle, sondern jede Gesellschaft für sich Spenden leistet. Eine einzelne Gesellschaftwürde nicht den gesamten Betrag von 80.000,- € übernehmen wollen", so der Sprecher. Absprächen hätten jedoch stattgefunden, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, eine der Gesellschaften sei einer Partei mehr gesonnen als die anderen.
Offenbar ist es auch den Spendern bewusst, dass es kein juristisches Nachspiel hat, wenn sie die Publizitätspflicht für Spenden von mehr als 50.000 Euro umgehen. In den Rechenschaftsberichten finden sich zahlreiche Beispiele, die zeigen, wie sie mutmaßlich die Pflicht umgehen. So überwies auch die Robert Bosch GmbH 2009 an die FDP 40.000 Euro. Den gleichen Betrag zahlte auch die Robert Bosch Industrietreuhand KG an die Liberalen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“