Parteiführung zerlegt sich: Linke im Strudel
Die Linke beschäftigt sich derzeit vorrangig mit sich selbst:Fraktionschef Gysi kritisiert die Parteispitze, Parteichefin Lötzsch kontert, ihr Co-Chef Ernst hingegen sieht keinen Konflikt.
BERLIN taz | Eigentlich wollte Gregor Gysi seine Partei doch wachrütteln. Vergangene Woche warf der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag seiner Partei Selbstbeschäftigung und Passivität vor, forderte wieder "Motor linker Politik zu werden" und bezeichnete die Arbeit von Ernst und Lötzsch als "ganz gut".
Einigen in der Partei ging diese Kritik zu weit. Auch Gesine Lötzsch. Am Montag trat sie vor die Presse und konterte. Aus eigenem Antrieb heraus sagte sie bezogen auf Gysis Thesen: "Ich finde als Parteivorsitzende, dass diese Feststellung nicht zutrifft." Man habe doch erfolgreiche Wahlen bestritten, etwa in Nordrhein-Westfalen.
Besonders clever waren beide Vorstöße nicht. Gysi holte mit seiner Pauschalkritik an den Parteichefs ohne große Not zum Rundumschlag aus, zeichnet ein negatives Bild der Partei. Und Gesine Lötzsch reagierte beleidigt und verschärft das Problem dadurch noch. Statt inhaltlich zu streiten, geht die Selbstbeschäftigung weiter.
"Das Führungspersonal wäre gut beraten, die Energie des Streits auf eine lebendige Programmdebatte zu verwenden", sagte Katja Kippping, Vize-Parteivorsitzende, der taz. Am Ende der Debatte müsse ein veränderter Programmentwurf stehen. Sie sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf am Programmentwurf vom Frühjahr. Trägt dieser doch deutlich die Handschrift von Sahra Wagenknecht.
Auch Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linkspartei im Thüringer Landtag, wünscht sich von der Parteispitze mehr inhaltliche Akzente. "Es gibt eine gewisse Diskrepanz zwischen der Partei und den beiden Vorsitzenden", so Ramelow zur taz. Lötzsch und Ernst müssten in der Programmdebatte jetzt "mehr Mut haben und klare Worte finden".
Nach dem Rückzug Oskar Lafontaines wurden auf Initiative von Gregor Gysi die entscheidenden Ämter der Partei doppelt besetzt. Jede Strömung ist heute stark repräsentiert. Das führt laut Ramelow zu Reibungsverlusten durch zu viel Koordinierungsarbeit, die Partei könne nicht mehr schnell genug reagieren. "Wenn alles strömt, führt das zu einem Strudel, der nach unten zieht", so Ramelow.
Und was macht Klaus Ernst, der in den vergangenen Monaten heftig für seine drei Gehälter und die vermeintlichen Phantommitglieder in Bayern gescholten wurde? Er wiegelt ab. "Es gibt keinen zu lösenden Konflikt zwischen Fraktions- und Parteiführung", sagte er am Mittwoch. Das Klima zwischen Gesine Lötzsch, Gregor Gysi und ihm sei "sehr, sehr gut".
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