Parteien zum Volksentscheid: Am Wasser scheiden sich die Geister
Grüne empfehlen, mit Ja zu stimmen. Linkspartei, SPD und CDU sind skeptisch.
Anderthalb Wochen vor dem Volksentscheid über die Offenlegung der Wasserverträge bringen sich Parteien und Organisationen in Stellung. So fordert Michael Efler vom Verein "Mehr Demokratie" die Berliner auf, zur Abstimmung zu gehen. "Es könnte ein Signal gesetzt werden für die Rekommunalisierung von Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge", sagte er der taz. "Wir fordern alle auf, ihre demokratischen Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen", erklärte auch Stefan Gelbhaar, Landesvorsitzender der Grünen. Der Senat behaupte zwar, dass er die Verträge bereits offengelegt habe. "Aber wir können nicht nachprüfen, ob tatsächlich alle Unterlagen veröffentlicht wurden", so Gelbhaar. Die Grünen empfehlen den Berlinern deshalb, mit Ja zu stimmen, sagte der Landeschef der taz.
Am 13. Februar findet - nach den Abstimmungen über den Flughafen Tempelhof und den Religionsunterricht an Schulen - der dritte Berliner Volksentscheid statt. Dabei geht es um die teilprivatisierten Wasserbetriebe. 1999 hatte die große Koalition unter Eberhard Diepgen (CDU) 49,9 Prozent des Unternehmens verkauft. Um einen möglichst hohen Preis zu erzielen, sicherte der Senat den Käufern damals eine Gewinngarantie zu, die sich bis heute in steigenden Wasserpreisen auswirkt. Jahrelang waren diese Verträge geheim. Die taz veröffentlichte sie Ende Oktober im Internet. Kurz darauf stellte auch der Senat die Abmachungen ins Netz.
Zu diesem Zeitpunkt war die Unterschriftensammlung für eine Abstimmung bereits abgeschlossen. Der Volksentscheid muss daher schon aus rechtlichen Gründen durchgeführt werden. Die Initiatoren vom Berliner Wassertisch halten das nach wie vor für richtig. "Wir glauben nicht den Beteuerungen der Politik, dass wirklich alles veröffentlicht wurde", so ihre Argumentation. Die rot-rote Koalition bestreitet, dass nach wie vor etwas verheimlicht wird. "Die Verträge zur Teilprivatisierung sind bereits vollständig veröffentlicht", heißt es in einer Stellungnahme des Senats. Nicht nur für SPD und Linkspartei, auch für die CDU hat der Volksentscheid damit seine inhaltliche Relevanz verloren. "Aus unserer Sicht hat sich das Anliegen weitgehend erledigt", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Florian Graf.
Ein weiterer Kritikpunkt an den Forderungen des Wassertischs: Der dem Entscheid zugrunde liegende Gesetzentwurf sieht vor, dass die Verträge unwirksam werden, wenn eine Offenlegung nicht erfolgt. SPD und Linkspartei halten diesen Passus für verfassungswidrig. Für die Grünen kein Grund, nicht mit Ja zu stimmen: "Das muss gegebenenfalls das Verfassungsgericht entscheiden", sagte Stefan Gelbhaar.
Sowohl die SPD als auch die Linkspartei sprechen sich eigentlich - genau wie der Wassertisch - für eine Rekommunalisierung der Wasserbetriebe aus. "Wir teilen das politische Anliegen, halten den Weg aber für ungeeignet", sagte der Chef der Linkspartei, Klaus Lederer. Er warnte davor, dass die Abstimmung für Frustration sorgen könnte. "Ein erfolgreicher Volksentscheid liefe vermutlich darauf hinaus, dass er folgenlos bleiben würde", so seine Einschätzung. Es bestehe die Gefahr, dass sich die anschließende Enttäuschung in Passivität niederschlage. "Das kann die Mobilisierung zum einen bei künftigen Volksentscheiden, aber auch in der weitergehenden Auseinandersetzung um die Rekommunalisierung erschweren", so Lederer.
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