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Parlamentswahlen in der SchweizKlarer Sieg für Rechtspopulisten

Erneut wird die Schweizer Volkspartei stärkste Kraft. Deren Chef Christoph Blocher verpasst jedoch den Einzug in den Ständerat. Die Grünen verzeichnen leichte Gewinne.

Mit Hetzkampagnen gegen Ausländer wieder einmal erfolgreich: SVP-Chef Christoph Blocher. Bild: ap

GENF taz | Bei den Parlamentswahlen in der Schweiz an diesem Sonntag ist die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) erwartungsgemäß zum dritten Mal seit 2003 stärkste Partei im 200-köpfigen Nationalrat geworden. Ob die Partei auch das von ihr angepeilte Ziel von 30 Prozent der Stimmen erreichte, war am Abend noch offen. Parteiführer Christoph Blocher verpasste allerdings zunächst den Einzug als Abgeordneter Zürichs in den Ständerat - die zweite Parlamentskammer, in der die 26 Kantone mit insgesamt 46 Sitzen vertreten sind.

Leichte Gewinne verzeichneten nach den letzten Hochrechnungen auch die Grünen und die wirtschaftsliberalen Grünliberalen, während die bisherigen Parteien der bürgerlichen Mitte - die Christliche Volkspartei und die Freidemokratische Partei FDP - Verluste erlitten. Die Sozialdemokraten erreichten dasselbe Ergebnis wie bei den Wahlen vor vier Jahren und bleiben zweitstärkste Partei.

Ähnlich wie bereits 2007 und 2003 hatte die SVP den diesjährigen Wahlkampf dominiert mit einer aggressiven Angstkampagne gegen die "Masseneinwanderung krimineller Ausländer", gegen Muslime und gegen die angebliche Bevormundung durch die Europäische Union.

Aufgrund umfangreicher Spendengelder aus der Wirtschaft standen der SVP für ihren Wahlkampf insgesamt mehr Finanzmittel zur Verfügung als den sechs anderen Parteien zusammen. Der SVP-Vorsitzende Christoph Blocher landete bei den Wahlen für den Zürcher Ständeratssitz nach den letzten Hochrechnungen nur auf dem dritten Platz. Da wahrscheinlich keiner der KandidatInnen die erforderliche absolute Mehrheit erreichte, wird es zu einer Stichwahl kommen.

Die Grünen und Grünliberalen verdanken ihre Stimmenzuwächse bei diesen Wahlen der Debatte um die Atomkraft nach der Katastrophe im japanischen Fukushima im vergangenen Frühjahr. Unter dem Eindruck dieser Katastrophe hatte die Berner Regierung, ähnlich wie die deutsche Bundesregierung, den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Diese Entscheidung muss allerdings von den gestern gewählten beiden neuen Parlamentskammern noch abgesegnet werden.

Das ist jedoch noch nicht sicher, da inzwischen aus dem Lager der FDP und der SVP Stimmen laut geworden sind, die sich weiter eine Hintertür für künftige "sichere" Atomenergie-Technologien offen halten wollen.

Im Dezember muss das neu gewählte Parlament die Regierung, den Ständerat, neu bestimmen. Nach ihrem gestrigen Wahlsieg wird die SVP nunmehr versuchen, ihren zweiten Sitz im Bundesrat zurückzugewinnen, den sie vor vier Jahren verloren hatte. Damals war Parteichef Christoph nach vier Jahren im Amt des Justizministers von einer Mehrheit des Parlaments abgewählt worden.

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13 Kommentare

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  • PH
    Peter Herzog

    schade. es wäre ja eigentlich nicht so schwierig, am wahlsonntag zum beispiel die analysen auf dem schweizer fernsehen zu verfolgen, um das wahlergebniss einigermassen akkurat abzubilden, auch wenn man nicht so grosse ahnung hat.

  • KM
    Klaus Müller

    Keine wirkliche Veränderung im Nationalrat...

     

    Den Autor des Artikels darf man getrost als ahnungslos bezeichnen und damit bildungsmässig dem Journalistenstand gut zuordnen. Konkret: SVP und BDP haben zusammen exakt so viele Sitze wie 2007 und SP und Grüne zusammen fast so viel wie 2007. Es gibt keine grossen Verschiebungen.

     

    Es ist vorhersehbar, dass sich die Nationalrats-Politik kaum ändern wird. Ganz gleich ob nun das Volksschauspiel Widmer-Schlumpf, also die Wiederwahl einer Bundesrätin, so oder so verlaufen wird.

     

    Was soll aber der Ausdruck "rechtspopulistisch"? Was soll das sprachlich gesehene Unwort aussagen? Ist es eine Verkleinerungsform von Nazi? Oder meint es doch nur konservativ oder bürgerlich? Oder beschreibt es eher die Sprachlosigkeit des Autors? Mit scheint das Letztere der Fall.

  • R
    Ryf

    herr zumach scheint absolut nichts von schweizer politik zu verstehen....

     

    der text der hier in der linken taz veröffentlicht wurde, würde in der schweiz höchstens in der rechtspopulistischen 'weltwoche' abgedruckt, ein quasi partei-blatt der rechtskonservativen svp.

     

    schon interessant, dass die taz damit werbung für rechtspopulisten macht!!!

  • DZ
    Die Zahlen sind anders

    Ich finde es auch schade, dass das wenige, was über die Schweizer Wahlen berichtet wird, eher von Vor-Urteilen bestimmt ist, als vom Blick auf das tatsächliche Wahlergebnis. Dies gilt vor allem für die Überschrift dieses Artikels.

    Die SVP hat mit -3,6 % am stärksten verloren.

    Die Grünliberalen haben 3,8% zugelegt auf 5,2%.

    Die BDP (die gemässigte Abspaltung der SVP) hat aus dem Stand 5,2% der Wählerstimmen bekommen.

    Beide grünen Parteien haben zusammen mehr als 13% der Stimmen.

    Das wäre auch mal eine Schlagzeile wert, nicht immer nur "die Rechten haben wieder gewonnen".

    (Die Zahlen sind aus der letzten Hochrechung von Sonntagabend 22:46)

  • LS
    Leo Stern

    Kleine Bemerkung am Rande: die SVP hat vor vier Jahren ihren Sitz in der Regierung nicht verloren sondern hat auf ihn verzichtet: Da der Partei das gewählte Regierungsmitglied Frau Widmer-Schlumpf nicht genehm war wurde sie umgehend aus der Partei geschmissen und hat so auf ihren Sitz in der Regierung ohne Not verzichtet.

  • L
    lesender

    die taz: klarer sieg für rechtspopulisten

    der spiegel: Schweizer stoppen Höhenflug der Rechten

     

    die taz: ob die svp die angestrebte 30% marke schafft scheint noch unklar

    der spiegel: hochrechnung 25,3% für svp

     

    ...

  • P
    P.B.

    Der Artikel liest sich für mich ein wenig, als sei er vor den Wahlen geschrieben und seither nicht aktualisiert worden. Denn "Klarer Sieg für Rechtspopulisten" ist nun nicht gerade der Titel, den ich für dieses Wahlergebnis gewählt hätte. Die Schweizer Medien stellen es aktuell eher als das Gegenteil, eine überraschende Niederlage der SVP dar - immerhin konnte sie ja ihren Wähleranteil nicht wie von vielen erwartet ausbauen, sondern ist (nach den Hochrechnungen) von 28.9% auf 25.9% gefallen und hat damit voraussichtlich sieben Sitze im Nationalrat verloren. Damit ist sie zwar immer noch die stärkste Partei, aber umgekehrt bedeutet das auch, dass 74% eben nicht SVP gewählt haben - gestärkt aus diesen Wahlen hervorgegangen sind vor allem die moderaten Parteien der Mitte und nicht die Rechtspopulisten von der SVP. Dann ist auch noch die Rede von Stimmenzuwachs für "die Grünen und Grünliberalen"; Zuwachs gab es jedoch nur für letztere, die Grünen hingegen haben gerade so viel verloren wie die SVP, ebenfalls sieben Sitze weniger. So schreibt denn auch beispielsweise der Tages-Anzeiger online "Die SVP und die Grünen sind die Verlierer".

  • PT
    Peter Tammas

    SVP hat ca. 25,3% errungen, erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit damit nicht wieder spektakulär hinzugewonnen, sondern 3% verloren. Für die schweiz wo sich parteistärken nur langsam und gemächlich ändern, ist das schon mal nicht nichts. und man muss sich vergegenwärtigen wie sehr die svp die politik und die debatte der letzetn zwanzig jatre in der schweiz dominiert hat. die svp hat an gewicht und v.a. momentum verloren. entweder scheinen ihnen die wähler wegzusterben oder einig ihrer ehemaliegn getreuen haben langsam auch genug von der immer redikaler werdenden ausländerhetze und dem immer bornierter werdenden isolationismus. Der Nichtgewinn der Partei erscheint schon fast wie ein widerlegtes naturgesetz. die svp hat diese wahlen nicht gewonnen.

  • A
    Adrivinz

    Ganz schlecht recherchiert, ziemlich alles falsch! Richtig haben SVP und Gruene die größten Sitzverluste... Taz wohl eher keine Qualitätszeitung.

  • B
    Beat

    Punkt eins: Herr Zumach, Sie haben recht, die SVP ist wieder einmal die stärkste Kraft - jedoch muss ich betonen, dass dies kein "klarer Sieg" darstellt! Die SVP hat gegenüber 2007 3% verloren! Das ist kein klarer Sieg! Ach in Anbetracht dessen, dass die Sozialdemokraten trotz Verlust im Nationalrat einen Sitz dazugewonnen haben. Da gibt es noch eine zweite gleichwertige Kammer im Parlament - der Ständerat. Hier wird die SVP vorraussichtlich auch Sitze verlieren, jedoch nicht hinzugewinnen. Wo sehen Sie hier diesen "klaren Sieg". Machen Sei ihr Arbeits-, Wohn- und Herkunfstland nicht unnötig schlecht. Ach ja, Blocher ist vielleicht ein wuchtiger Geldgeber der SVP, aber nicht ihr Chef. Zudem gibt es weitaus schlimmere SVPler, die mehrheitlich abgewählt wurden.

     

    Punkt zwei: Die Grünen haben massiv an Stimmen verloren! Haben sie nun von Fukushima profitiert? - Nein! Einzig die GLP, also die Grünliberalen, haben massiv gewonnen und somit haben die vereinten Grünen 2 Sitze im Nationalrat dazugewonnen. Die GLP füllt eine wichtige Lücke in der Politik. Sie setzt sich für die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie ein und machen Sachpolitik, welche die Grünen nicht ausüben (Zumindest die abgewählten Vertretern).

     

    Mein Fazit ist: Die Schweizer haben wieder einmal weise gewählt! 2003 wurden die nationalen Schweizer Demokraten aus dem Parlament gejagt, 2007 die religiös-konservative EDU. Die SVP verliert trotz Millionen-schweren Kampagnen und Mitteparteien, welche Nachhaltigkeit und Konsens hochhalten gewinnen. Und wenn ihr Journalisten mehr über die laufenden Abstimmungen berichten würdet, sehet ihr, dass die stimmende Bevölkerung ihre Stimme klug und vorrausschauend vergeben. Aber man berichtet lieber über Minarett- und Ausschaffungsinitiative.

    Was icst mit den Abstimmungen über EU-Verträge? Alle wurde nach dem EWR-Nein in 1992 abgenommen. Welche Bevölkerung würde durchgehend so häufig ja zum europäischen Gedanken sagen?

     

    Ich glaube, ich wiederhole mich, aber bitte achten Sie auf die Qualität Ihrer Informationsquellen!

     

    Danke!

     

    Grüsse eines stimmenden Schweizers in der EU

  • JB
    Joachim Bessell

    Nein, eben kein klarer Sieg der "Rechtspopulisten"! In der Mitte liegen die Sieger mit den Parteien BDP und GLP, die eindeutige Stimmengewinne verbuchen konnten. Die SVP von Blocher hat ihren Stimmenanteil nicht wie gewünscht vermehren können. Die Schweizer haben gezeigt, dass ihnen im Sinne der Konkordanz ein ausgeglichen besetztes Parlament - mit den liberalen und grünliberalen Kräften der Mitte - wichtiger ist als das demagogische Geschrei der Volkspartei.

     

    Liebe TAZ, es wäre besser, ihr würdet euch informieren bevor ihr Meinung macht. Das passt nicht zu eurem Image. Oder irre ich mich?

     

    Grüße aus der grenznahen Region zur Schweiz.

  • EF
    Eloy Frasch

    Ich bin endtäuscht, von der Wahl und von der Kompetenz des Autors:

     

    1. Die Schweiz hat 26 Kantone, nicht 24,

    2. Besteht der Ständerat, den Sie im letzten Absatz Bundesrat nennen aus 46 Mitgliedern, also nicht komplett pauschal aus zwei Sitzen pro Kanton, einige heutige Kantone galten früher als Halbkantone, die bis heute nur einen Sitz im Ständerat haben.

    3. Der Parteichef der SVP hat auch noch einen Nachnamen, aber das kann man durchgehen lassen.

     

    Diese Informationen Stehen bei Wikipedia jeweils im ersten bzw. im zweiten Absatz.

     

    Bitte etwas fundierter recherchieren, beim nächsten mal.

  • JM
    Jules Mari

    Ganz schwach: im ersten Abschnitt tauchen die selben Fehler wie im Artikel von vor einigen Tagen auf... (Anzahl Kantone; SVP war bereits 1999 stärkste Partei)

    Man könnte fast meinen, Sie sind unverbesserlich...