Parlamentswahl im Irak: Vorwürfe über Wahlbetrug
Nach ersten Ergebnissen scheinen bei der Parlamentswahl die Shiiten den Regierungschef al-Maliki und die Sunniten Ex-Ministerpräsident Ayad Allawi gewählt zu haben. Die Opposition spricht von Wahlbetrug.
BAGHDAD taz | Fünf Tage nach der Parlamentswahl müssen sich die Irakerinnen und Iraker noch immer auf das Wahlergebnis warten. Zwar hat die Wahlkommission erste Teilergebnisse veröffentlicht. Die Stimmenauszählung wird jedoch von Vorwürfen der Opposition über Wahlbetrug und den Ausschluss von Kandidaten überschattet. Laut Teilergebnissen liegt die von Regierungschef Nuri al-Maliki geführte Koalition für einen Rechtsstaat in den beiden mehrheitlich schiitischen Provinz Najaf und Babel mit 47 und 42 Prozent vor der religiösen Schiiten-Allianz. Maliki hatte diese im letzten Jahr verlassen.
Unter den Sunniten konnte Maliki dagegen offenbar nicht punkten. Gemäß ersten Ergebnissen liegt in beiden mehrheitlich sunnitischen Provinzen Diyala und Salahaddin die Liste Irakiya um Ex-Ministerpräsident Ayad Allawi weit vorn. Damit bestätigt sich ein Trend, der sich am Wahltag abzeichnete: Maliki ist der Mann der Schiiten, Allawi der Sunniten. Im kurdischen Erbil schlug demnach das Bündnis der beiden kurdischen Großparteien die noch junge Oppositionsbewegung Goran deutlich.
Bisher ist allerdings der ausgezählte Stimmenanteil mit 17 bis 34 Prozent und nur fünf der 18 Provinzen noch nicht repräsentativ. Aus Bagdad, wo 68 der 325 Mandate vergeben werden, liegen noch keine Ergebnisse vor.
Irakische Beobachter und Diplomaten gehen von einem knappen Ergebnis zwischen den führenden Blöcken aus. Umso wichtiger ist eine korrekte Auszählung. Vertreter von Allawis Irakiya erhoben Donnerstagabend schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Sie übe Druck auf die Wahlkommission aus, sagte Adnan Janabi, einer der führenden Kandidaten. Wahlzettel mit Stimmen für Irakiya seien im Müll gelandet, in Bagdad seien Wahlurnen in einem Privathaus aufgetaucht, und Beobachter gehindert worden, die Auszählung in den Wahllokalen zu beobachten. Schwerer wiegt der Vorwurf über Unregelmässigkeiten im Datenzentrum der Wahlkommission, wo die Ergebnisse von 55.000 Wahllokalen in Computer eingeben werden. Mitarbeiter hätten in mindestens einem Fall die Nullen vom Irakiya-Ergebnis gestrichen, sagte Janabi.
Westliche Beobachter bestätigten Unregelmässigkeiten, wollen aber noch kein Urteil über eine Verzerrung des Endergebnisses abgeben.
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