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Parlament verschleudert Bezirksgelder

■ Senatsausschuß verkauft Altbauten des Bezirksamtes und der Wohnungsbaugesellschaft Mitte an privates Immobilienkonsortium/ Gebäude zuvor mit Landesmitteln in Millionenhöhe saniert

Berlin. Der Vermögensausschuß des Abgeordnetenhauses hat gestern den Verkauf des Blocks zwischen Friedrich-, Behren- und Französischer Straße, das sogenannte Quartier 208, an das Immobilienkonsortium »Hofgarten Real Estate« passieren lassen — obwohl zwei der Häuser dem Bezirksamt Mitte und der dortigen Wohnungsbaugesellschaft gehören. Eines der beiden Häuser, die Friedrichstraße 81-82/Ecke Behrenstraße 26a, wurde dem Bezirksamt Mitte am 1. Juli 1991 vom Innensenator übertragen. Das Amt, das damals wie heute unter Platzmangel litt und auf 50 Außenstellen verteilt ist, ließ das Gebäude für 700.000 Mark sanieren, das Kulturamt zog dort ein. Um so überraschter war man im Bezirksamt, als man erfuhr, daß der Senat den ganzen Block zum Verkauf angeboten hatte und bereits die dafür nötige Investitionsbescheinigung nach dem Vermögensgesetz des Bundes ausgestellt hatte. Ein Antrag auf Investitionsbescheinigung, hieß es im Protestschreiben des Bezirks an den Bausenator, könne für ein »bestehendes ausgebautes Gebäude nicht positiv bearbeitet werden«.

Auch der zweite Altbau im Block, die Französische Straße 47/48, wurde von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte mit Geldern in Millionenhöhe instandgesetzt und voll vermietet. Trotzdem wird auch er an die »Real Estate« verkauft. Auch hier seien die Voraussetzungen für eine Investitionsbescheinigung in keiner Weise möglich, protestierte der Geschäftsführer der WBM, Falk Jesch, zumal das Gebäude auch noch denkmalgeschützt sei, was größere Investitionen kaum möglich mache.

Die »Real Estate«, ein Zusammenschluß der amerikanischen Baufirma Gerald Hines, der Four- Seasons-Hotels and Resorts, der bayrische Hypotheken- und Wechselbank sowie einiger Alt-Eigentümer bekam den knapp 8.000 Quadratmeter großen Block zu einem Durchschnittspreis von 13.500 Mark den Quadratmeter. Zwar räumten die Neu-Eigentümer dem Bezirksamt ein, in dessen eigenem Haus noch zwei Jahre mietfrei bleiben zu dürfen. Danach jedoch müßte das Amt, so die Baustadträtin von Mitte, Dorothee Dubrau, nicht nur die 700.000 Mark Sanierungskosten in den Wind schreiben, sondern für teures Geld ein Bürogebäude mieten oder kaufen. Die AL-Abgeordnete Michaele Schreyer fordert, das Abgeordnetenhaus müsse sich noch einmal mit dem Verkauf befassen.

Der Senatsausschuß für innerstädtische Investitionen, der KOAI, hatte schon vor einigen Monaten der Real Estate den Zuschlag für das Quartier 208 erteilt, obwohl es noch andere Bewerber gegeben hatte, die teilweise nicht einmal angehört wurde. Zu letzteren gehören etwa die Erben des Restaurants Aschinger, berichtet der FDP-Abgeordnete Gerhard Schiela. Inzwischen arbeiten sowohl zwei ehemalige Mitarbeiter des KOAI wie auch eine Mitarbeiterin der Finanzverwaltung, die zuständig für das Erteilen der Investitionsbescheinigung für eben dieses Quartier 208 war, gemeinsam in einem privaten Ingenieurbüro, das Aufträge für private Investoren wahrnimmt. Eva Schweitzer

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