Parlament debattiert zu Gerichtsurteil: Ohne Deckel immer feste druff

Rot-Rot-Grün und die Opposition teilen im Abgeordnetenhaus bei Mietendeckel-Debatte verbal kräftig gegeneinander aus.

Das Foto zeigt den Plenarsaal des Abgeordnetenhauses, den Sitzungssaal des gesamten Parlaments.

Das Abgeordnetenhaus diskutierte sehr kontrovers über das Scheitern des Mietendeckels Foto: dpa

BERLIN taz | Auch eine Woche Abstand zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat nicht gereicht, die Emotionen nach dem Aus für den Mietendeckel zu beruhigen: Regierungskoalition und Opposition überschütteten sich am Donnerstag im Abgeordnetenhaus mit harten Vorwürfen. Dabei waren die teils deckungsgleich: Beide Seiten hielten sich vor, die Stadt zu spalten und die eigene Klientel zu bedienen.

„Beschämend“ war die Reaktionen der CDU auf das Urteil aus Sicht von Raed Saleh. „Bei Ihnen knallten die Champagnerkorken, währende andere Menschen nun um ihre Zukunft fürchten“, sagte der SPD-Fraktionschef. „Bizarr“ nannte er das Auftreten von CDU-Parteichef und Mietendeckel-Gegner Kai Wegner: Nun wie er Sofortmaßnahmen zum Mieterschutz zu fordern, sei „verlogen, ja dreist“ von einem Mann, der „gerade noch wie im Rausch gegen den effektivsten Schutz für die Mieter gekämpft“ habe. Salehs Vorwurf an die CDU: „Das Einzige, was Sie interessiert, sind die Interessen Ihrer Lobby und größtmöglicher Profit.“

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger hielt dem ebenso brachial entgegen: „Verfassungswidrig (so ordnete das Gericht den Mietendeckel ein, taz) ist nicht sozial, sondern asozial.“ Die rot-rot-grüne Koalition habe wider besseres Wissen den Wählern etwas versprochen und hohe, nun enttäuschte Erwartungen geweckt – für Dregger „ein Programm zur Förderung von Politikverdrossenheit“.

CDU will Disziplinarverfahren

Dregger forderte Regierungschef Michael Müller (SPD) auf, gegen Staatssekretär Alexander Fischer (Linkspartei) ein Disziplinarverfahren zu eröffnen: Der habe via Twitter nahegelegt, das Bundesverfassungsgericht habe parteipolitisch entschieden. Fischer hatte in einem von Welt-Vizechef und Ex-tazler Robin Alexander thematisierten Tweed gefragt: „Wie viele CDU-Politiker sitzen im 2. Senat (der letzte Woche entschied, taz) des Bundesverfassungsgerichts?“

Linksfraktionschefin Anne Helm kritisierte, der Opposition falle im Stil von Marie-Antoinette nur ein: Wenn die Menschen sich die Miete nicht mehr leisten könnten, sollten sie sich doch Wohnungen kaufen. Die später in der Französischen Revolution geköpfte Königin sagte angeblich, das Volk solle doch Kuchen essen, wenn es kein Brot mehr habe. Sebastian Czaja (FDP) hingegen vermisste bei der Koalition eine Entschuldigung bei den Mietern für den gescheiterten Deckel. Er forderte, wie im SPD-geführten Hamburg zu einem Mietengipfel mit privaten Unternehmen einzuladen.

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch mahnte zu Besonnenheit: „Resignation ist jetzt genauso wenig angesagt wie Trotz“, sagte sie. Auch dem wiederholt zitierten Hamburger Modell gelinge es nicht, bezahlbare Wohnungen für Menschen mit mittleren Einkommen zu bauen. „Wer keinen Anspruch auf Förderung hat und sich Marktmieten nicht leisten kann, geht leer aus“, sagte Jarasch. Bausenator Sebastian Scheel (Linkspartei) ging wieder Richtung Attacke: Er sah bei manchen – von ihm nicht näher benannten – Parteien eine „Mauer aus Geld, die die Sicht auf die Probleme der Stadt verstellt“.

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