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Parkplätze zu SpielplätzenSurfen statt Parken

Wenn Autos keinen Platz mehr brauchen: Verkehrsaktivisten besetzen Parkplätze in Prenzlauer Berg – und funktionieren sie zu Stadtstränden und Spielplätzen um.

Was man alles machen könne ohne Autos: Parking Day in Berlin-Prenzlauer Berg. Bild: dpa

Ulrike Heringer zieht ein Parkticket und setzt sich an die hübsch gedeckte Kuchentafel zwischen zwei Autos. Sie klemmt den Zettel unter den Kerzenständer. „Bis 15 Uhr ist dieser Platz jetzt unser“ sagt die Studentin.

Es ist Park(ing) Day. In vielen Ländern besetzen Menschen an diesem Freitag Parkplätze und verwandeln sie in anders genutzte Flächen. Auch in der Stargarder Straße in Prenzlauer Berg haben sich rund 50 Leute versammelt, um in Parklücken zu picknicken, zu spielen, zu quatschen.

In Berlin werde weniger als ein Drittel der Wege mit dem Auto zurückgelegt, erklärt Sascha Möllering in einer mit Sonnenblumen geschmückten Parklücke das Anliegen der Aktivisten. Trotzdem dominierten PKWs das Stadtbild. „Wir haben ausgerechnet, dass die Parkfläche in Berlin drei Mal so groß ist wie das Tempelhofer Feld. Und wir wollen zeigen, wie der viele Platz besser genutzt werden könnte“, sagt Möllering.

In der Stargarder Straße werden daher 14 Parkplätze anders bespielt: In einer Parklücke, gefüllt mit Muscheln, Ananas und Blüten, macht ein junger Mann Trockenübungen auf einer wackeligen Surfbrett-Konstruktion. Gegenüber liegt auf grünem Teppich Kinderspielzeug. Unter Pavillons und Schirmen trotzen die Aktivisten dem Regen.

Nicht alle sehen das gerne. Einige LadenbesitzerInnen fürchten, ihnen könnten heute die Kunden wegbleiben, wenn sie keinen Parkplatz finden. Eine Verkäuferin ist schnell beim Thema Gentrifizierung und schimpft aus der Ladentür heraus, die BesetzerInnen seien „Hippie-Schwaben“ und sollten sich verziehen. Die lassen sich davon nicht beeindrucken – und rollen noch ein Stück roten Teppich für die vorbeifahrenden Radler aus.

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5 Kommentare

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  • S
    Sascha

    Beim PARK(ing) Day geht es GEGEN gar nix, nicht mal gegen Autofahrer, sondern FÜR ein Nachdenken darüber wie Stadtraum genutz wird. Wir haben für EINEN Tag den Anspruch, den jeder Autofahrer hat, nämlich den auf 14qm öffentliches Land (DIN-Norm) auch für Fahrräder gestellt. Ansonsten bin ich im Privaten auch ein großer Freund von Polemik gegen alles provinzielle, selbst wenn die Schwaben aus Hamburg kommen, aber in diesem Kontext wirkt das etwas hilflos. Gebe auf Nachfrage auch gern bekannt wo ich und die Mitstreiter in unserem Park herkommen, obwohl das ziemlich unerheblich ist, oder?

    Sascha

    Berlin on Bike

  • Eigentlich müsste jeden Tag Parking-Day sein, denn es gibt immer noch zu viele Autos in der Stadt, die einfach nur doof rumstehen.

     

    Am 22.12.2011 habe ich eine Studenten losgeschickt, der mal zwei Stunden zählen sollte, wie viele Autos in seinem Kiez noch 15 cm Schnee auf dem Dach haben. Schnee, der am 1.12.2011 gefallen ist, man erinnert sich?

     

    Nun, fast 50% der Auto hatten noch 15 cm Schnee auf dem Dach: Sie sind also drei Wochen nicht bewegt worden. Und das in einer Zeit, in der ein Auto evtl. ja noch mehr Sinn macht als in anderen Jahreszeiten.

     

    Also, liebe Kaum-Auto-Fahrer, verkauft Euer Auto und macht Platz für Rad- und Gehwege. Denn unter

    www.startnext.de/die-strassensheriff-app führen wir gerade eine Volksbefragung mit dem Geldbeutel durch, ob es eine App bedarf, um Falschparker auf Rad- und Gehwegen dazu zu bewegen, dort nicht mehr andere zu behindern und zu gefährden: Ein Klick, ein Posting, eine Nachricht oder eine Anzeige bei der Polizei. Sonst passiert nix

  • G
    gerd

    genauso muss sein:

     

    ich habe kein auto, also soll auch kein anderer eins haben

     

    nachdem ich mein durch papas stuttgarter scheck finanziertes studium von "was mit medien" dann absolviert habe werde ich dann natürlich gegen die parkplatznot wettern

     

    so langsam übersetzt sich aktivist für mich mit ar...

    • C
      Christian
      @gerd:

      Andersherum wird ein Schuh daraus: Ich will autofahren, also hat sich die Stadt gefälligst dem anzupassen - so sieht die Realität aus. Alle dürfen noch so viele Autos haben wie sie möchten. Aber wir radelnden und gehenden Menschen sind auch da und haben ebenfalls Wünsche und Bedürfnisse an unsere Stadt. Es ist schön, wenn dies gelegentlich wahrgenommen wird.

       

      Der zweite Teil des Kommentars ist gruselig. Ich bin als Brandenburger zwar nicht angesprochen, aber Hetze gegen Menschen die anders sind ist mir auch dann zuwider, wenn sie mich nicht selbst betrifft. Denken Sie doch mal darüber nach.

    • A
      angela
      @gerd:

      mensch gerd, warum bist nur so angespannt?

       

      das sind leute die ihre position zur nutzung des öffentlichen raums sichtbar machen, na und? mir scheint, es geht ihnen dabei um die anpassung der städtischen umwelt an eine sich wandelnde realität. es ist nun mal so, dass die menschen heute mehr fahrrad fahren und darauf muss infrastrukturell reagiert werden.

       

      gerd, niemand will dir dein auto wegnehmen, besonders nicht "die schwaben", die verkaufen sie dir schließlich. keine angst!