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Parkgeschichte"Die Erholung steht im Vordergrund"

75 Jahre alt ist vor kurzem der Park Planten un Blomen in Hamburg geworden. Der Historiker Hans Walden über die "Niederdeutsche Gartenschau" von 1935, den Einfluss des Wirtschaftswunders und die vielen Umgestaltungen des Geländes.

Interview von Frank Keil

taz: Herr Walden, als Sie anfingen zu schreiben: Gingen Sie zuerst ins Archiv - oder spazieren?

Hans Walden: Mich hat es sehr rasch ins Archiv gezogen. Ich wollte herausfinden, ob es noch Quellen aus der Entstehungsphase in den 1930er Jahren gibt, die Näheres über die damaligen Akteure und auch über politische Einflussnahme verraten. Zu bedenken ist, dass Planten un Blomen heute ein größeres Gebiet bezeichnet als vor 75 Jahren.

Offiziell beginnt "Planten un Blomen" mit der Niederdeutschen Gartenschau im Jahr 1935.

Aus wirtschaftspolitischer Sicht wollte man dem unter der Krise leidenden Gartenbaugewerbe, aber auch dem Fremdenverkehr, neue Impulse verleihen. Aus stadtplanerischer Sicht wollte man das Gelände des früheren Zoologischen Gartens und angrenzender Friedhofsflächen als stadtkernnahen Erholungspark sichern. Und natürlich sollte ein Propagandaeffekt im Sinne des NS-Regimes erzielt werden: Die Realisierung der Niederdeutschen Gartenschau in extrem kurzer Zeit unter Einsatz von Langzeitarbeitslosen sollte den Hamburgern die Effizienz der Diktatur vor Augen führen. Dass der Park bis zur Eröffnung nicht fertig wurde und die Kosten den gesetzten Rahmen weit überstiegen - darüber wurde nur in kleinen Zirkeln gesprochen.

Es gab damals einen merkwürdigen Widerspruch zwischen robuster Heimatlichkeit und der Lust an der Exotik.

Die Gartenschau sollte einerseits die heimattreue Rückbesinnung auf niederdeutsches Bauerntum fördern, andererseits aber auch mit exotischen Gewächsen wie Amazonas-Wasserpflanzen, Orchideen und Kakteen ein Flair der großen weiten Welt aufkommen lassen. In den Neubauten für die Gastronomie spiegelte sich diese Spannung im Gegensatz zwischen der Bauernschänke mit Reetdach und schwerem Holzgebälk und dem "Orchideen-Café" mit Gewächsen des tropischen Regenwaldes wieder. Tatsächlich meldeten sich damals Stimmen, denen die Gartenschau viel zu wenig niederdeutsch war. Für Bürgermeister Krogmann, selbst aus einer Kaufmannsfamilie, kam jedoch durch die exotischen Pflanzen der hohe Stellenwert von Hamburgs Überseeinteressen zum Ausdruck.

Später wurden auf dem Gelände Zwangsarbeiter untergebracht.

Hier sind zwei Dinge zu unterscheiden: Einmal mussten KZ-Häftlinge aus Neuengamme im Winter bei eisiger Kälte in Planten un Blomen Zementsteine herstellen - viele kostete das das Leben. Und dann wurden auf einem Erweiterungsareal 1941 zwei Zwangsarbeiterlager errichtet: In dem einen brachte die Deutsche Arbeitsfront etwa 600 ausländische Rüstungsarbeiter unter. Das andere diente zur Unterbringung von bis zu 900 Zwangsarbeitern, die bei Blohm + Voss eingesetzt wurden. Diese Baracken verschwanden zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953 - heute stehen dort Messehallen.

Fand sich das "Wirtschaftswunder" der 50er und 60er in den Ausstellungen wieder?

Besonders mit der IGA 1953 wollte man sich als ein gastfreundliches, weltoffenes Deutschland präsentieren, das sich erfolgreich aus den Trümmern herausarbeitet. Die kriegszerstörten Gebäude wurden durch Neubauten von führenden Architekten der Nachkriegsmoderne ersetzt. So schuf Ferdinand Streb mit dem Restaurant "Seeterrassen" einen Ersatz für die Bauernschänke. Zum neuen, nachts leuchtenden Wahrzeichen des Parks wurde der von Bernhard Hermkes entworfene Philipsturm. Daneben nutzte die Eternit A. G. die IGA 1953 zur Selbstdarstellung und ließ eine Eternit-Selbstbedienungs-Gaststätte erbauen.

Erholung, Erbauung, Belehrung - was hat sich durchgesetzt?

Erholung steht eindeutig im Vordergrund - und zwar kostenlose. Das war nicht immer so: Erst nach der IGA 1973 beschloss der Senat, Planten un Blomen frei zugänglich zu machen. Aufdringliche Belehrung findet man im Park nicht, aber einige interessante Informationsangebote.

Mit all Ihrem Wissen: Wie schlendern Sie heute über das Gelände?

Ich denke dann daran, wie oft es umgeplant und umgestaltet wurde und wie viele Menschen daran mitgewirkt haben - Gartengestalter, Architekten, Bildende Künstler, Gärtner, Handwerker, NS-Funktionäre, Politiker der Nachkriegszeit, Leserbriefschreiber und so weiter. Wenig ist von der Niederdeutschen Gartenschau von 1935 übrig geblieben.

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