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Paris Photo - MesseFotos, die wie Haiku wirken

Offizieller Schwerpunkt der wichtigsten Messe für Fotokunst war dieses Jahr die arabische und iranische Fotografie

Es fiel schwer, sich der Anziehungskraft von Bas Princens Bild "Mokattam Ridge - Garbage City" zu entziehen. Ständig blieben Besucher in kleinen Gruppen davor stehen und schauten mit einer Mischung aus Faszination und Ekel auf die Hausdächer des Vorortes, der von der Müllentsorgung Kairos lebt. Denn nicht nur in den Straßen und Innenhöfen, sondern auch in den Gebäuden und vor allem auf den Dächern stapeln sich die Abfallsäcke der Millionenmetropole - was die eine Stadt nicht mehr braucht, wird buchstäblich zur Lebensgrundlage der anderen.

Auf der diesjährigen Paris Photo, die am Sonntag zu Ende ging und die als wichtigste Messe für künstlerische Fotografie mit 89 teilnehmenden Galerien und 13 Buchverlagen gilt, lenkte das Bild die Aufmerksamkeit auf den 1975 geborenen Niederländer Bas Princen. Als kritischer Landschafts- und Architekturfotograf kann er in die Riege der "New Topographics" eingeordnet werden - und ist damit auf der Messe in guter Gesellschaft.

Böshumorig und kritisch zugleich setzt sich beispielsweise auch der Chinese Yao Lu mit den Veränderungen in seinem Land auseinander. Seine Bilder sind zwar komplett am Computer zusammengestellt, wirken jedoch zunächst wie traditionelle Landschaftsmalereien. Erst auf dem zweiten Blick erkennt der Betrachter, dass es gar keine romantischen Naturaufnahmen von Bergen und Flüssen, sondern Collagen von Umweltzerstörung, Müll und Bauwahn sind.

Häufig vertreten waren zudem japanische Fotografen - neben den üblichen Platzhirschen Nobuyoshi Araki und Hiroshi Sugimoto fiel vor allem Masao Yamamoto ins Auge, der mit seinen kleinformatigen und an Haiku erinnernden Fotografien gleich von drei Galerien präsentiert wurde. Ebenfalls einprägsam ist die neue Serie "One Sun" von Izima Kaoru, der auf kreisrunden Abzügen den Verlauf der Sonne während eines Tages festgehalten hat. Seine Arbeiten bestechen nicht nur durch den technischen Aufwand, sondern vor allem durch ihre ästhetische Poesie.

Der offizielle Schwerpunkt der Messe lag allerdings auf der arabischen und iranischen Fotografie. Damit waren erstmals auch Galerien aus Tunesien und Marokko, dem Libanon und Iran sowie aus den Vereinten Arabischen Emiraten vertreten. Aber auch die restlichen Galeristen zeigten Arbeiten von Künstlern, die entweder aus der Region stammen oder sich thematisch mit ihr beschäftigen. Für die legendäre Fotografen-Agentur Magnum mit ihrem Hauptsitz in Paris war dies kein Problem, konnte sie sich doch aus ihrem reichhaltigen Fundus an Reportagen aus dem Gebiet bedienen. Neben Arbeiten von Abbas, Inge Morath und Gilles Peres berührte vor allem das unkonventionelle Tableau aus vier mal sechs kleinformatigen Bildern von Antoine dAgata, der eine gewalttätige Auseinandersetzung in Palästina dokumentiert hat.

Auffällig waren aber auch die Schwarz-Weiß-Aufnahmen des in London lebenden Iraners Reza Aramesh. Er inszeniert sowohl Ikonen der Kriegsfotografie als auch Bilder von heutigen Konflikten im Nahen Osten mit Laiendarstellern und stellt dabei Randfiguren in den Mittelpunkt, während Hauptfiguren fehlen. Die Bilder kommen dem Betrachter erstaunlich bekannt vor, ohne dass man es an Details festmachen könnte, und dass die Situationen in opulenten, englischen Häusern oder Museen wie auf einer Bühne spielen, macht sie zusätzlich grotesk und faszinierend zugleich.

Ähnlich und doch ganz anders arbeitet hingegen der Südafrikaner Pieter Hugo in seiner neuen Serie "Nollywood", in der er sich mit der Filmindustrie Nigerias, die die drittgrößte der Welt ist, beschäftigt. Zombies, Vampire, Wolfsmenschen und grausam entstellte Leichen warten auf den Betrachter. Die Diskrepanz zwischen Bildaufbau und -inhalt wächst, weil Hugo Mord und Totschlag im nüchternen Porträt-Stil zeigt. Der Betrachter weiß, dass alles inszeniert ist, aber die Bilder erschrecken und verstören dennoch. Und während sich die Welt längst an die Fotos aus den Kriegs- und Krisenregionen gewöhnt hat, werden sie nun inszeniert und persifliert. Nicht Afrika wird auf den Arm genommen, sondern der westlich-mediale Blick auf den gebeutelten Kontinent.

Neben den zeitgenössischen Positionen wurden vor allem Klassiker gezeigt, weshalb die Paris Photo nicht nur bei Sammlern, sondern auch bei Kuratoren sehr beliebt ist. Henri Cartier-Bresson war genauso vertreten wie Robert Frank, Helen Levitt, Karl Hugo Schmölz und Saul Leiter. Aber auch völlig unbekannte Originalabzüge aus der Zeit der Jahrhundertwende wurden verkauft. So hat sich die Galerie "Lumière des Roses" aus Montreuil auf Fundstücke spezialisiert, und in ihrer "Wunderkammer" mit der Petersburger Hängung fand man Erfrischendes wie die historische Aufnahme eines herabstürzenden Pferdes während einer amerikanischen Stunt-Show, einer rauchenden Araberin und eines Neugeborenen, das von seiner komplett verhüllten, muslimischen Mutter präsentiert wird. Insofern wurde auch hier der Kreis zum Schwerpunktthema "Arabische Fotografie" geschlossen.

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2 Kommentare

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  • DM
    David Macgregor

    …wo stecken doch bitte die Fotos?

  • J
    jgfait

    Danke für diesen Artikel- Photokunst wird ansonsten gern ignoriert und findet ihr Publikum kaum in Deutschland.