Paramilitärs im Drogenkrieg: Die "guten Mexikaner"
Die paramilitärische Gruppe "Mata Zetas" unterstützt Polizei und Armee mit Massenmorden in Veracruz. Mexikos Regierung bestreitet ihre Existenz.
SAN SALVADOR taz | Die Serie großer Leichenfunde in der Hafenstadt Veracruz im Südosten Mexikos reißt nicht ab. Am vergangenen Donnerstag entdeckten Sicherheitskräfte in drei Privathäusern insgesamt 32 Tote. Die meisten waren gefoltert und erwürgt worden.
Lokale Medien schreiben die Morde einer neuen Gruppe im Drogenkrieg zu namens "Mata Zetas" (die Zetamörder). Die gibt vor, Veracruz von der Herrschaft des Drogen-, Erpressungs- und Entführungskartells "Los Zetas" zu befreien.
Die ersten 35 Leichen von Veracruz waren am 20. September am Hafen von zwei Kleinlastern gekippt worden - direkt neben einem Hotel, in dem zu dieser Zeit die Generalstaatsanwälte der mexikanischen Bundesstaaten tagten. Bei den Toten lagen Plakate, auf denen stand, sie seien Mitglieder des Kartells der Zetas gewesen. Die Staatsanwaltschaft erklärte später, dass tatsächlich fast alle Opfer eine entsprechende kriminelle Vorgeschichte hätten.
Zwei Tage danach wurden in Veracruz weitere 14 Leichen mit ähnlichen Botschaften gefunden. Und weitere zwei Tage später tauchte im Internet ein Video auf, in dem sich die Mata Zetas zu den Morden bekannten. Fünf maskierte Männer im schwarzen Kampfdress sitzen auf diesem Video hinter einem Tisch mit weißer Decke. Der mittlere stellt die Gruppe vor: "Wir töten keine Unschuldigen. Wir erpressen nicht. Wir haben Respekt vor der Regierung." Die Mata Zetas seien "gute Mexikaner", die das tun würden, was Polizei und Armee aus rechtlichen Gründen nicht tun könnten: Die Zetas in Veracruz "ausmerzen".
Neue Qualität im Drogenkrieg
Der Vortrag des Redners ist flüssig und fast feierlich in der gewählten Sprache mexikanischer Politiker und Bürokraten gehalten. Weitere inzwischen aufgetauchte Videos zeigen schwer bewaffnete Maskierte beim Verhör von Gefangenen, die eingeschüchtert Kontakte zu den Zetas gestehen und weitere Namen nennen. Etliche der in den Videos gezeigten Gefangenen tauchten inzwischen als Leichen auf.
Paramilitärs, die das Schmutzgeschäft für Polizei und Armee übernehmen, wären eine neue Qualität im mexikanischen Drogenkrieg. Die Regierung streitet ihre Existenz rundweg ab. Regierungssprecherin Alejandra Soto: "Es gibt keine Hinweise darauf, dass es in Mexiko solche Gruppierungen gibt." Die Mata Zetas seien einfach nur eine kriminelle Bande mehr, vielleicht sogar der bewaffnete Arm eines Kartells.
Für den Rechtsprofessor Edgardo Buscaglia, der sich seit Jahren mit Mexikos organisiertem Verbrechen befasst, wurde mit den Mata Zetas dagegen nur offensichtlich, was schon lange existiert. Seine Recherchen ergaben landesweit 167 paramilitärische Gruppen. Die müssten "nicht unbedingt unter dem Befehl staatlicher Institutionen handeln". Enge Verbindungen zu denen aber seien durchaus üblich. So gebe es Gruppen von Polizisten, die außer Dienst das tun, was sie im Dienst nicht dürfen: Verdächtige einfach ermorden. Dies geschehe unter Nutzung der Waffen und Autos der Polizei.
Seit der konservative Präsident Felipe Calderón vor fünf Jahren den Drogenkartellen den offenen Krieg erklärte und die Armee in die Schlacht warf, sind in Mexiko mehr als 42.000 Menschen getötet worden. Wie viele von ihnen wirklich Mitglieder von Drogengangs waren, weiß niemand.
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