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■ GastkommentarPapierkorb-Politik?

Politik hat in den Medien immer etwas Anrüchiges: Gebrochene Ehrenworte, leere Debatten und Putzfrauen-Affären sind an der Tagesordnung. Leider. Es besser zu machen ist der Anspruch von rund 250 Jugendlichen, die im Europäischen Jugendparlament für ihre Interessen streiten. Auch die deutsche Delegation bemüht sich in den Diskussionen um Ernsthaftigkeit. Toleranz ist unser oberstes Gebot. Nicht nur bei Themen wie Rassismus und Nationalismus, Umwelt- und Währungspolitik lernt man die unterschiedlichen Überzeugungen der europäischen NachbarInnen kennen.

Bei der Sicherheitspolitik scheiden sich die Geister. Eine Delegierte aus Sarajevo forderte in ihrer Vorstellungsrede, daß die Nato den Bürgerkrieg in ihrer Heimat beenden solle. Ein Teil der Delegierten vertritt die Auffassung, daß ein militärisches Eingreifen nur ein Aufschub des Konfliktes sei. Die friedliche Lösung müsse dort ausgehandelt werden.

Es stimmt nachdenklich, daß Jugendliche militärische Hilfe einklagen. Wie sollen wir uns dabei verhalten? Eine Antwort auf diese Frage wird es wohl auch bei uns nicht geben. Die Positionen liegen zu weit auseinander. Die Sachzwänge holen engagierte Jugendliche ebenso ein. Wir können bei unseren Resolutionen nicht verharren, da wir wie zu Jugoslawien nicht schweigen können. Die Ankläger aus den betroffenen Ländern sind unter uns, tagsüber und abends beim gemeinsamen Feiern. Die Möglichkeit, mit Gleichaltrigen zu sprechen, ist einmalig. Die Offenheit, die uns verbindet, baut Hemmungen ab. Wir lernen Unterschiede kennen und akzeptieren.

Auch wenn unsere Resolutionen an alle EuropaparlamentarierInnen geschickt werden, wissen wir, daß unser Einfluß begrenzt ist. Schließlich gibt es auch in Straßburg und Brüssel Papierkörbe. Da die politische Willensbildung aber vom Mitmachen lebt, leisten wir auf diese Weise unseren Beitrag. Wir haben erfahren, daß Politik nicht verlogen und langweilig sein muß, sondern sehr viel Spaß machen kann. Henning Finck

Der Autor ist Mitglied der deutschen Delegation

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