: Panzeraffäre noch nicht beendet
PDS und Grüne/Bündnis 90 fordern Offenlegung aller Militärlieferungen an die Türkei ■ Aus Bonn Andreas Zumach
Die Suche nach den Verantwortlichen für die illegalen Panzerlieferungen an die Türkei ist mit dem Rücktritt von Bundesverteidigungsminister Stoltenberg nicht beendet. Gestern abend war das Thema Gegenstand einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses. Auch während der heutigen Bundestagsdebatte über die Türkeipolitik der Regierung wird es eine Rolle spielen.
Auf der nichtöffentlichen Sitzung des Haushaltsausschusses wurde der bisherige Ministerialdirektor der Hardthöhe, Ruppelt, vernommen. Stoltenberg hatte ihn am Montag als den angeblich Hauptverantwortlichen entlassen. Die SPD geht nach Auskunft ihres Fraktionsgeschäftsführers Struck davon aus, daß Ruppelt diesen „Fehler auf Anweisung von oben begangen hat“. Struck rechnete damit, daß die CDU im Haushaltsausschuß dem Antrag der SPD auf Einschaltung des Bundesrechnungshofes „nicht widersprechen“ werde.
Der Bundesrechnungshof soll untersuchen, wie Hardthöhe und Bundesfinanzministerium mit dem Beschluß des Ausschusses vom 7. November 91 umgegangen sind. Dort hieß es, daß 25 Millionen Mark Rüstungssonderhilfe für die Türkei zu sperren und 15 Leopard I-Panzer nicht auszuliefern seien. Das Bundesfinanzministerium hat die Einhaltung von Haushaltssperren zu überwachen. Von der PDS wurde in die heutige Bundestagssitzung ein Entschließungsantrag für ein „Moratorium für sämtliche Formen deutscher Rüstungsexporte“ eingebracht. Außerdem will die PDS wissen, wann genau die Lieferungen der 15 Panzer erfolgten.
Am 18. Dezember hatte Bundeskanzler Kohl dem türkischen Außenminister Cetin die Aufhebung der Sperre „in Aussicht gestellt“. Nach Informationen der taz wurden die 15 Panzer nach diesem Datum geliefert, die letzten am 4. Februar. Auch die Grünen/Bündnis 90 wollen die Bundesregierung mit einer Anfrage zur Offenlegung der militärischen Hilfe an die Türkei bewegen. Der SPD- Abgeordnete Bury forderte, ein generelles Verbot von Rüstungslieferungen in die Verfassung aufzunehmen.
Berlin/Bonn (afp) — Bundespräsident Weizsäcker hat gestern im Berliner Schloß Bellevue CDU-Generalsekretär Volker Rühe zum neuen Verteidigungsminister ernannt. Gleichzeitig entließ er Gerhard Stoltenberg (CDU).
Der 49jährige Rühe will an den Grunddaten - Reduzierung der Bundeswehr auf 370.000 Mann und zwölf Monate Wehrpflicht - festhalten.
Bei der Diskussion um die Rühe- Nachfolge als CDU-Generalsekretär wurden in Bonn vor allem der Chef der CDU-Grundsatzkommission, Reinhard Göhner (39), der auch Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium ist, sowie CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Rüttgers (40) gehandelt.
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