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Pankower Kleingärten in GefahrBald kommen die Bagger

Statt Kleingarten-Parzellen sollen an der Pankower Brehmstraße bald Mehrfamilienhäuser stehen. Die Grünbesitzer protestieren.

Ist bald Schluss mit Sonnenblumen in der Brehmstraße? Bild: ap

Die Botschaften auf den Bettlaken am Gartenzaun sind nicht zu übersehen: „Bienensummen statt Baggerbrummen“ und „Lasst den Kindern ihre Gärten“, steht da in großen bunten Buchstaben. Der Protest der Kleingärtner der Anlage „Famos“ an der Pankower Brehmestraße hat jedoch nichts genutzt. Bis Ende Oktober müssen 18 der 90 Gartenbesitzer ihre Parzellen geräumt haben. Dann kommen die Bagger: Geplant sind sechs je fünf- bis sechsgeschossige Mehrfamilienhäuser mit „mittlerem gehobenen Standard“ inklusive eines 3.000 Quadratmeter großen Gemeinschaftsgartens. So steht es im Exposé der Baugemeinschaft „Himmel und Erde“.

Die Parzellenbesitzer, deren Gärten seit fast 90 Jahren bestehen, fühlen sich von ihrem Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow und der Politik im Stich gelassen. Nachdem die Grundstückseigentümerin DB Netz AG das Pachtverhältnis gekündigt hatte, hatte der Bezirksverband zwar geklagt. Doch das Landgericht erklärte sich für nicht zuständig: Es sei nicht klar, ob die Gärten im ehemaligen Ostteil der Stadt überhaupt unter das bundesdeutsche Kleingartengesetz fielen. Eine Lücke im Einigungsvertrag von 1990.

Ein langwieriger Rechtsstreit eventuell bis hin zum Bundesgerichtshof hätte das klären können – doch der Bezirksverband bot der DB einen vorzeitigen Vergleich an. „Dabei hatten wir genau auf so ein langes Gerichtsverfahren spekuliert“, sagt Cosmo Berger, betroffener Parzellenbesitzer und einer der Initiatoren des kleingärtnerischen Protests – und darauf, dass der Baugemeinschaft irgendwann das Geld ausgehe. „So hat man hat uns schlicht verkauft.“

Wolfgang Wölfer, Vorsitzender des Bezirksverbands, fühlt sich indes zu Unrecht angegriffen. „Hätte das Kammergericht in nächster Instanz entschieden, dass die betroffenen Kleingärten tatsächlich nicht unter das Bundeskleingartengesetz fallen, hätten die Parzellenbesitzer noch nicht einmal die gesetzlich geregelte Abfindung erhalten“, sagt Wölfer. Man habe außerdem keinen Präzedenzfall schaffen wollen, der in Zukunft noch andere Kleingartenanlagen bedrohen könnte.

Wölfer schiebt den schwarzen Peter weiter an die Politik – und fühlt sich seinerseits verraten und desinformiert. Bereits im Januar 2011 sei vom damaligen Baustadtrat Michael Nelken (Linke) ein Bauvorbescheid erlassen worden, doch erst im März habe man überhaupt Kenntnis darüber bekommen – und zwar durch das Kündigungsschreiben der DB. Kurz vor der Verhandlung am Landgericht habe Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) plötzlich den amtlichen Baubescheid erteilt. „Von diesem Zeitpunkt an wären Schadensersatzforderungen der Baugemeinschaft auf uns zugekommen, falls wir vor Gericht verloren hätten.“ Da habe er sich auch in der Verantwortung für die restlichen Unterpächter der Anlage „Famos“ gesehen.

Kirchner indes sagt: Der Kleingartenverband hätte die Anlage kaufen müssen, als es ihr von der DB 2009 angeboten wurde. Seit 2009 ist die Fläche als „Allgemeines Wohngebiet“ ausgewiesen, den FNP kann jeder einsehen.

Johannes Kraft (CDU), Mitglied im Bezirksausschuss für Stadtentwicklung, sagt: „Hätte der Bezirk die Bebauung nicht gewünscht, hätte er rechtzeitig einen Bebauungsplan aufstellen müssen.“ Dort ist geregelt, welche Flächen freizuhalten sind – es gab aber keinen. „Entweder man wollte die Bebauung – oder man hat hier schlicht und einfach geschlafen“, sagt Kraft. Wölfer hat beim Bezirk inzwischen einen Bebauungsplan für die restlichen 20.000 Quadratmeter der Anlage beantragt.

Während sich nun alle gegenseitig für die Misere verantwortlich machen, stehen die Verlierer bereits fest. Nun halten die Kleingärtner immer montags um 18 Uhr eine Mahnwache vor ihren Gärten ab, die bald keine mehr sein werden.

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9 Kommentare

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  • SS
    Stanislaus Szczepaniak

    Es ist erstaunlich, daß 18 Parzellenpächter und ihre Freunde, versteckt hinter hohen Hecken, von öffentlichem Grün sprechen, das dem Bezirk verloren gänge. Die wahre Elite sind die Pächter, die im fast innerstädtischen Bereich ein Privileg für Wenige genießen, fast umsonst große Flächen für sich zu beanspruchen. Dabei war dieser kleinere Teil der Anlage schon immer auf Zeit gebaut. Wo waren die Pächter und "Montagsdemonstranten", als schon vor Jahren die tatsächlich allen Pankowern zugänglichen Grünflächen begannen zu verschwinden und viele Gebäude den üblichen Würzburger und Hamburger Großinvestoren zufielen, um in tatsächliche Luxusprojekte umgewandelt zu werden? Gegen den Abriß der Freikirche und der Kindersprachenschule in der Ossietzkystraße haben sie nicht demonstriert. Gegen den Verlust der Flächen am Majakowskiring auch nicht. Und auch nicht gegen die Bebauung des Garbatyplatzes, etc. pp. Dinge, die in den letzten 23 Jahren tatsächlich viele ganz konkret betrafen, sind den Wutbürgern herzlich egal gewesen.

  • W
    Weißnicht

    "... Dabei hatten wir genau auf so ein langes Gerichtsverfahren spekuliert“, sagt Cosmo Berger, betroffener Parzellenbesitzer und einer der Initiatoren des kleingärtnerischen Protests – und darauf, dass der Baugemeinschaft irgendwann das Geld ausgehe. ..."

     

    Und wen hätte es getroffen? Den Teil der Baugruppe ohne finanziellen Spielraum... Wer kommt danach???

  • P
    Pankower

    Eine Baugruppe ist mir allemal lieber als gesichtslose, profitorientierte Investoren, die nicht nur die Miete in ihrem Block sondern in ganz Pankow hochtreiben. Vorausgesetzt natürlich die ziehen da wirklich selbst ein.

  • A
    annablume

    Und warum soll das private Privileg von 18 Parzellenpächtern auf einen Garten in der Stadt moralisch höher zu bewerten sein, als das private Privileg von 80 Wohnungssuchenden auf eine Eigentumswohnung? Kann das mal einer erklären? Hier geht es ja nicht um öffentlichen Grünflächen - dass sich die Kleingärtner jetzt selbst zur Grünen Oase Pankows hochstilisieren, ist doch einigermaßen unverständlich.

  • E
    Ekelhaft

    Wowereit und die ganze Bande antiberliner Betonfaschisten scheissen alles zu und wischen sich den Arsch mit berliner Luft ab.

  • H1
    Hass 1981

    "Beton muss her"

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Hier fahren bald viele Autos her

    Hier führen in kürze Straßen lang

    Riesenparkplatz, Bremsprüfstand

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Apartmenthäuser, immer mehr

    Reißt ab die alten Buden

    Saniert mit Grau die guten Stuben

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Der Mischer ist schon wieder leer

    Da vorne ist noch grün zu sehen

    Das soll im Grau bald untergehen

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Die Luft zum atmen gibt's nicht mehr

    Gut 20 Stockwerke hoch hinauf

    Hier wird nicht nur das Land verkauft

     

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

    Beton muss her, Beton muss her

  • L
    lefantdudon

    @ von Warum?: Die Gärtner wollen die Abfindung nicht, die möchten ihre Gärten behalten. Aber das manche Leute den Hals nicht vollkriegen das unterschreib ich. Der Mörder ist nicht der Gärtner.

  • W
    Warum?

    Wie, die haben Abfindungen erhalten!? Da können sie sich aber glücklich schätzen, denn neuerdings gibt es lt. Kleingarten G keine Abfindungen für Kleingärten in Berlin mehr. Demut und neuen Garten kaufen, dass ist was es, was sie tun sollten. Aber manche Leute kriegen den Hals nie voll.

  • M
    mauersegler

    Alles wie in Frankfurt auch: Es kommen die von den Städten umworbenen Investoren mit viel Geld, dann die sogenannte städtebauliche "Nachverdichtung" der Bebauung, welcher Bäume, Gärten und Parks weichen müssen für Wohnungen, die für Normalverdiener unbezahlbar sind. Wenn Deutschlands Städte weiter in diesem Tempo durch Geld veröden, wird es Zeit auf's Land zu ziehen.