Palästina: Neue US-Strategie: Hilfe für Fatah, Volkszorn für Hamas

Die unerträglichen Zustände im Gaza-Streifen werden sich früher oder später gegen die Hamas richten, kalkulieren die Strategen

Am Grenzübergang Erez: Viele wollen Gaza verlassen Bild: dpa

WASHINGTON taz Nach mehr als 15 Monaten haben die USA am Montag teilweise ihren Boykott der palästinensischen Regierung aufgehoben und wollen nun offen Partei für die prowestlich-nationalistische Fatah-Notstandsregierung von Präsident Mahmud Abbas ergreifen. Der Zorn der rund anderthalb Millionen Gaza-Streifen-Bewohner über die unerträglichen Lebensbedingungen dort werde sich früher oder später gegen die Hamas richten, kalkulieren die USA. Sowohl die USA als auch die EU hatten die direkten Finanzhilfen nach der Regierungsübernahme der radikal-islamischen Hamas Anfang 2006 ausgesetzt.

"Die Palästinenser stehen vor einer Richtungsentscheidung", sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice, nachdem sie die neue Washingtoner Politik, die schnell den Spitznamen "West Bank first" erhielt, bekannt gegeben hatte. Rice will die Palästinenser zudem mit "besseren Straßen und sauberem Trinkwasser" locken. Auch die EU will der neuen Regierung anders als ihrer Hamas-geführten Vorgängerin Geld überweisen, Israel ebenso. Es geht in der Summe um hunderte Millionen Dollar.

Mit ihrer Unterstützung der Fatah nehmen die USA die gegenwärtige Spaltung der Palästinenser in Kauf, obwohl die Administration von Präsident George W. Bush weiterhin am Ziel eines einheitlichen Staates festhält. "Niemand will die Menschen im Gaza-Streifen aufgeben und der Gnade einer terroristischen Vereinigung aussetzen", erklärt Rice Sprecher Sean McCormack das Dilemma.

Längst haben die USA durch den Boykott der demokratisch gewählten Hamas-Regierung in den Palästinensergebieten an Einfluss verloren, sind sich Experten einig. Einige kritisierten, dass sich die USA mit diesen Schritt voll hinter die Auflösung einer demokratisch gewählten Regierung stelle. Es sei nicht klar, ob Abbas gemäß der palästinensischen Verfassung überhaupt das Recht zum Ausschluss der Hamas aus dem Nationalen Sicherheitsrat habe, warnten sie.

Einige Washingtoner Nahost-Experten meinten jedoch, dass es laut Verfassung für die Notstandsregierung von Abbas möglich sei, bis zu 60 Tagen zu regieren. Rice gab auf Nachfrage an, dass sie Abbas Notstandsregierung als legitim ansehe. Daniel Levy, ein früherer Nahost-Unterhändler bei den US-geführten Friedensverhandlungen, meinte, die neue Politik "sieht ganz danach aus, als ob man den Palästinensern wieder eine Ein-Partei-Regierung aufzwingen will".

Vor dem Hintergrund der Krise im Gaza-Streifen wollen Bush und Olmert über die Unterstützung der Notstandsregierung von Abbas und das weitere Vorgehen im Gaza-Streifen sprechen. Bei dem Treffen könnten auch Möglichkeiten einer Wiederaufnahme der seit sieben Jahren unterbrochenen Friedensgespräche zwischen Israel und Palästinensern erörtert werden. EU-Präsident Hans-Gert Pöttering rief Fatah und Hamas zur Dialogbereitschaft auf. Eine Ausbreitung des Bürgerkriegs sei im Interesse von niemandem, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Straßburg. Eine Versöhnung der Palästinenser untereinander sei außerdem die Voraussetzung für einen künftigen palästinensischen Staat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.