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Palästinensische Universität geschlossen

■ Sieben Studenten bei Protesten gegen die israelische Besatzungspolitik in Nablus durch Schüsse verletzt / Proteste richten sich vor allem gegen Repressionen im Lager Balata / Fast tägliche Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und israelischen Soldaten

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Nach Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und mehreren tausend palästinensischen Studenten haben die israelischen Besatzungsbehörden die An Najah Universität in Nablus für einen weiteren Monat geschlossen. Sieben Studenten erlitten Schußver letzungen, als die Soldaten die Demonstration auf dem Campus und dem umliegenden Gebiet auflöste. Die Studenten wollten mit ihrer Aktion gegen neue Repressionsmaßnahmen protestieren, die sich gegen das Flüchtlingslager Balata bei Nablus, der größten Stadt in der besetzten Westbank, richten. In diesem Lager waren am Montag vier Jugendliche durch Schüsse verletzt worden, als sie mit Streiks und Demonstrationen gegen die Politik Israels protestierten. In Armeekreisen hieß es, die israelischen Soldaten hätten „gemäß den Armee–Richtlinien“ auf die Palästinenser gefeuert. Die An Najah Universität und das Lager Balata ähnelten am Montag Schlachtfeldern, als die Soldaten das Feuer auf palästinensische Jugendliche eröffneten, die sie mit Steinen und leeren Flaschen bewarfen. Eine Ausgangssperre, die über das Lager verhängt worden war, wurde mittlerweile wieder aufgehoben. Die An Najah Universität war bereits vor einem Monat für zwei Wochen geschlossen worden. Zuvor hatten bereits Blockaden des Militärs die normale Lehrtätigkeit behindert. Daher konnten die rund 5.000 Studenten und Lehrbeauftragten im Wintersemester, das Anfang November begonnen hat, ihrem Studium oder ihren Forschungsarbeiten praktisch nicht nachgehen. Außerdem sind etwa zwei Dutzend Studentenführer entweder in „administrativer Haft“ oder aus anderen Gründen im Gefängnis. Der jüngste Stein des Anstoßes, Balata, ist mit seinen 12.000 Einwohnern das größte Flüchtlingslager in der Westbank und hat sich jüngst zu einem Zentrum des palästinensischen Protests gegen Besatzung und Unterdrückung entwickelt. Lagerbewohner empfinden die verstärkte militärische Präsenz Israels als „provokativ“. Sie führe zu täglichen, gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen israelischen Soldaten und jugendlichen Demonstranten. Auch hier wurden in den letzten Wochen Dutzende von Jugendlichen festgenommen. Einwohner von Balata berichten, es gäbe in diesem überfüllten Lager keine Familie, in der nicht ein oder mehrere Mitglieder Haftstrafen unterschiedlicher Dauer hinter sich hätten. In der vergangenen Woche wurden Journalisten, die Balata besuchten, von den israelischen Soldaten aufgefordert, das Lager zu verlassen. „Journalisten sind Störenfriede, und wir haben Balata jetzt zu einem militärischen Sperrgebiet erklärt“, wurden den Besuchern mitgeteilt.

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