piwik no script img

Palästinenser beenden HungerstreikEin Erfolg für die Inhaftierten

Eine von Ägypten vermittelte Vereinbarung sieht Hafterleichterungen für die Gefangenen vor. Zum wiederholten Male erzielen Häftlinge mit ihren Aktionen einen Erfolg.

Protest hinter israelischen Gefängnisgittern. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Rechtzeitig zum Nakba-Tag, an dem die Palästinenser dem Beginn der Flüchtlingskatastrophe gedenken, haben Israel und die hungerstreikenden Häftlinge eine Einigung erreicht. Isolationshaft soll es fortan nicht mehr geben, dafür Besuchserlaubnis für Angehörige aus dem Gazastreifen. Fünf Palästinenser, die seit über 70 Tagen die Nahrungsmittelaufnahme verweigerten, wurden in israelische Kliniken eingewiesen.

Der Islamische Dschihad, dem die meisten Langzeit-Streikenden angehören, hatte mit Vergeltung gedroht, sollte einer der Häftlinge sterben. In Israel bestand die Sorge, dass der Hungerstreik in Kombination mit dem Nakba-Tag zu Gewaltausbrüchen führen könnte.

Die Sprecher der Häftlinge verpflichteten sich dazu, „terroristische Aktivitäten in den israelischen Gefängnissen vollständig einzustellen“, heißt es in einer Pressemitteilung der israelischen Gefängnisbehörde. Die Einigung sei unter Vermittlung Ägyptens und der Palästinensischen Autonomiebehörde zustande gekommen.

„Es ist ein Sieg der Inhaftierten“, sagte Murad Dschadallah von „Adamer“, einer palästinensischen NGO, die sich um die Häftlinge kümmert. Seit Jahren sei endlich gelungen, „den Zwist zwischen Hamas und Fatah zu überwinden und zusammenzuarbeiten“.

Dschadallah lobte die Rolle Ägyptens. Die Regierung werde das Abkommen von „Camp David als Instrument nutzen, um sicherzustellen, dass sich Israel an die Vereinbarungen hält“.

Kein Recht auf Fortbildung

Nicht erfüllt wurde die Forderung auf frei verfügbaren Lesestoff und die Möglichkeit der Fortbildung in den Zellen, wie es früher üblich war. Viele nutzten die Haftzeit, um das Abitur nachzuholen oder für einen Universitätsabschluss.

Für die inhaftierten Palästinenser ist es trotzdem ein großer Erfolg. Zum dritten Mal seit Jahresbeginn erzwingen Häftlinge per Hungerstreik mehr Rechte. Khader Adnan hatte sich nach 66 Tagen die Entlassung aus der Administrativhaft erkämpft.

Wenig später wurde Hana Schalabi vorzeitig aus der Haft entlassen, wobei sie zunächst drei Jahre lang im Gazastreifen bleiben muss. Mit der jüngsten Einigung verpflichtet sich Israel zudem, Administrativhäftlinge entweder zu entlassen oder Anklage gegen sie zu erheben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • S
    Senckbley

    Das versöhnliche Vorgehen Israels in dieser Frage entspricht der beim Gefangenenaustausch von Gilad Shalit bezeugten Haltung. Um eine ganz andere Klasse Gefangener hat sich Israel in den vergangenen Jahren auch immer wieder gekümmert: um die in palästinensischer Haft sitzenden Homosexuellen, die ja nach dem mittelalterlichen Weltbild des Islam keinen Platz in der Gesellschaft haben dürfen. In den letzten 20 Jahren flohen etwa 300 schwule Palästinenser nach Israel. Kein Wunder, in Tel Aviv können sie Hand in Hand auf der Straße gehen. In Tulkarem dagegen, im Westjordanland, wurde vor einigen Jahren ein Schwuler gezwungen, bis zum Hals in Gülle zu stehen - anschließend wurde er in eine von Insekten wimmelnde Zelle gesteckt. Es wäre interessant zu erfahren, wie dessen Wärter auf die Ankündigung eines Hungerstreiks reagiert hätten.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Klar, liebe "Friedens"-Freunde, die ganzen administrativ Inhaftierten waren nur politisch aktiv oder Mitglied in einer Partei. Das stimmt, wenn man Planung von Judenmord als politische Aktivität und eine Terror-Organisation als politische Partei bezeichnet.

    Dann lösen wir doch das Problem und benennen die Administrativ-Haft zu Wellnes-Urlaub für politisch Aktive um. Genial, oder?

  • TH
    Thomas Hemberger

    Ist ja mal wieder ganz schröcklich, wie hundsgemein rational, maßvoll und humanistisch Israel sich zum Hungerstreik tatsächlicher wie mutmaßlicher arabisch-palästinensischer Terroristen und Terrorhelfer in israelischer Haft verhält!

     

    Schlimm, schlimm, dieses grundvernünftige und menschliche Verhalten der ach so bösen "Zionisten"/Israelis!

     

    Aber im Ernst, Leute:

     

    Ich bin heilfroh darüber, dass sich Israel in diesen Dingen so wohltuend von gewissen "antizionistischen" Regimes unterscheidet, wie z.B. denen in Ramallah, Gaza, Damaskus oder Teheran ...

  • E
    end.the.occupation

    Nachzutragen wäre:

     

    1. Die aus Jenin stammende Hana Shalabi wurde nach Gaza deportiert.

    2. Deportationen von Gefangenen unter Besatzung sind natürlich nach internationalem Recht untersagt.

    3. Nicht einmal die Autorin selber glaubt, dass der Jüdische Staat seine Zusage an Shalabi einhalten wird.

    4. Hana Shalabi befand sich nicht in Haft, weil ihr eine Straftat vorgeworfen wurde - sie befand sich in Administrativhaft, so wie auch Bilal Diab und Thaer Halahleh, die den Hungerstreik über 70 Tage durchhielten.

    5. Administrativhaft ist ein eine Form von legalisiertem Terror gegen Zivilisten. Die Betroffenen müssen jederzeit damit rechnen inhaftiert zu werden - und wissen nie, ob / wann sie wieder daraus entlassen werden.

    6. Administrativhaft - der Diebstahl von Lebenszeit - zerstört jegliche Lebensplanung der Betroffenen.

    7. Die Administrativhaft ist ein Erbe der englischen Besatzung, die auch gegen jüdische Terroristen eingesetzt wurde. Deren Führung - Menachem Begin - bezeichnete diese Methoden - O-Ton - als Nazi-Methoden.

  • I
    I.Q

    Wen wunderts, von den inhaftierenden Besatzern nicht den Gedanken von „Resozialisierung“ zu vernehmen und „Bildungsmöglichkeiten“ also unnötig oder unangemessen zu halten.

    Das Ziel der Besatzer ist ja gerade eine Asozialisierung der indigenen Bevölkerung, um sie los zu werden, und das sind ja die Verhältnisse, in die man sie wieder entlassen möchte, in die man sie reintegrieren möchte

  • K
    KommentarMH

    @Stimme der Demokratie:

    Diese streikenden "armen Terroristen" waren inhaftierte politische Gefangene, die dagegen protestierten, ohne Grund in Administrativhaft gelandet zu sein. Die Gründe ihrer Inhaftierung waren politische und/oder journalistische Aktivität, Mitgliedschaft in bestimmten Parteien oder Vereinen oder die Teilnahme an einer Demonstration.

    Stellen Sie sich vor, aus Gründen ihrer politischen Überzeugung für 6 Monate unter menschenverachtenden Bedingungen gefangen genommen zu werden und nach dem Absitzen des halben Jahres ohne Grund, ohne Vorankündigung und ohne Gerichtsprozess weitere 6 Monate zu bekommen. Thaer Halahla, einer der zwei neuen "Weltrekordhalter im Hunger-Streiken", hatte auf diese Art und Weise insgesamt 22 Monate im Gefängnis verbracht, bis er sich entschloss dagegen zu streiken.

    Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Terroristen, die das Leben andere Menschen auf dem Gewissen haben, erwarten durch einen Hungerstreik freigelassen zu werden (oder wie im vergangenen Oktober durch einen Gefangenenaustausch freigelassen zu werden)?? Das wäre genau so realitätsfern wie die Annahme, alle palästinensischen Gefangenen in Israel der Vergangenheit und Gegenwart (ein Fünftel bis Viertel der gesamten palästinensischen Bevölkerung in der West Bank, Ostjerusalem u. Gaza) seien Terroristen (gewesen).

     

    Ein Tipp: Fahren Sie mal in die West Bank (oder noch besser, wenn Sie es schaffen, nach Gaza), bleiben sie dort ein paar Wochen und reden sie mit den "Terroristen", die einen Teil ihres Lebens hinter Gittern verbracht haben.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Wieder mal geht es um die armen Terroristen und deren Probleme. Kein Thema ist nach wie vor das Terror-Regime in Gaza und die Menschenschinder der PA, wo ein Pali in der Todeszelle sitzt, weil er sein Haus an einen Juden verkauft hat. Ist aber keine Story wert.