Pakistan: Militär kontrolliert die Rote Moschee
In Islamabad gibt es nur noch vereinzelten Widerstand. Im Gotteshaus werden keine Leichen von Frauen und Kindern gefunden. Die genaue Zahl der Opfer ist unklar.
ISLAMABAD ap/dpa Fast vierzig Stunden nach dem Sturm auf die Rote Moschee in Islamabad haben die Sicherheitskräfte das Gotteshaus vollständig unter Kontrolle gebracht. Es befänden sich keine militanten Islamisten mehr in der Moschee, erklärte ein Militärsprecher am Mittwochnachmittag. Bis kurz zuvor erschütterten noch einzelne Schüsse und Explosionen das Gelände in der pakistanischen Hauptstadt.
Über Nacht seien drei der noch in dem Gebäude verschanzten führenden Extremisten getötet worden, erklärte Armeesprecher Waheed Arshad. Leichen von Frauen und Kindern seien bislang nicht in dem Komplex gefunden worden, meldete Ministerpräsident Shaukat Aziz.
Die Streitkräfte hatten keine Angaben dazu gemacht, wie viele Menschen sich noch in der Moschee und den angrenzenden Koranschulen aufhielten. Es hieß lediglich, seit dem 3. Juli seien 1.300 Menschen aus dem Gebäude geflüchtet. Aber auch bei Beginn der Erstürmung, der "Operation Stille", in der Nacht zum Dienstag hielten die Islamisten offenbar noch Frauen und Kinder sowie junge Männer fest. Verwandte warteten am Morgen verzweifelt auf deren Befreiung.
Bei der Erstürmung der Moschee wurden nach Militärangaben zehn Soldaten und mehr als 50 Aufständische getötet, darunter auch der radikale Geistliche Abdul Rashid Ghazi. Andere Quellen gehen jedoch von einer wesentlich höheren Opferzahl aus. Wie pakistanische Medien berichteten, habe die Regierung nach Angaben der Rettungsdienste rund 800 Leichensäcke angefordert.
Die Säuberung des Geländes von Sprengfallen und Minen wird nach Militärangaben noch längere Zeit dauern. Den Unruhen, die mit Straßenschlachten vor der Moschee am 3. Juli begannen und zur Belagerung seitens der Streitkräfte führten, sind insgesamt mehr als 80 Menschen zum Opfer gefallen. Die Rote Moschee gilt als Hochburg des Widerstands gegen den USA-freundlichen Kurs von Präsident Pervez Musharraf.
Aus Protest gegen die Militäraktion gingen bereits am Dienstag zahlreiche Pakistaner auf die Straße. In Peschawar kam es am Mittwoch erneut zu islamistischen Protesten. "Tod für Musharraf", riefen die Teilnehmer. Im benachbarten Afghanistan forderte der ranghohe Taliban-Kommandeur Mansur Dadullah die Muslime auf, Selbstmordanschläge auf die pakistanischen Sicherheitskräfte zu verüben. Die Erstürmung der Moschee sei ein grausamer Akt, sagte er. "Ich hätte 10.000 Mudschahedin geschickt, um die Schüler (in der Roten Moschee) zu unterstützen."
Die USA stellten sich hinter die Entscheidung Musharrafs, die Moschee zu stürmen. Den Extremisten sei genug Zeit eingeräumt worden, erklärte das Außenministerium in Washington.
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