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Archiv-Artikel

PRO: Die Untätigkeit der Hamas legitimiert Israels Einmarsch in Gaza Das Recht des Stärkeren

Zugegeben: Völkerrechtlich koscher ist die Verhaftung von palästinensischen Ministern nicht gerade. Aber wenn sie ihren Zweck erfüllt und den seit dem Wochenende entführten israelischen Soldaten heil nach Hause bringt, kann sie dennoch zu einer Methode werden, die Erfolg verspricht.

Geiselnehmer umzustimmen hat bislang noch selten funktioniert: Egal ob Regierungen nun Lösegeld zahlten, die Forderungen der Verbrecher erfüllten oder ob sie die Geiseln opferten, um ein klares Signal der Stärke an potenzielle Nachahmer zu senden – ein Ende von Entführungen als Mittel des politischen Kampfes hat es ebenso wenig gebracht wie massive Militäroperationen, unter denen immer auch die unbeteiligte Bevölkerung leidet, sei es nun in Bagdad oder jetzt in Gaza.

Doch im Gaza-Streifen wird die Entführung des israelischen Soldaten trotz der Invasion der Armee als großer Erfolg der Widerstandskämpfer gefeiert: Endlich einmal sind es nicht nur die Palästinenser, die in Angst und Schrecken leben, auch die Zionisten bangen nun um einen der ihren. Wenn es Israel nicht gelingt, den Soldaten lebendig zu bergen, wird es unweigerlich neue Entführungen geben.

Auf dem Prüfstein steht aber nicht nur die israelische Regierung. Denn die Entführer gehören der Hamas an, der Partei also, die in den Palästinensergebieten die Regierung stellt. Mit dem Vorwand, keine Kontrolle über den militanten Arm der Bewegung zu haben, beschränkt sie sich seit knapp einer Woche darauf, diplomatischen Druck auszuüben, anstatt ihre Sicherheitskräfte auf die Suche nach dem entführten Soldaten zu schicken. Die Palästinenser verfügen über die höchste Dichte an Ordnungshütern weltweit: Sie hätten diese Aufgabe ungleich effektiver und gleichzeitig weniger schmerzvoll für die eigene Bevölkerung erledigen können, als es jetzt die israelische Armee versucht.

Das Argument, die Mittel der palästinensischen Ordnungshüter seien begrenzt, ist nicht neu. Nun aber ist der Gaza-Streifen seit zehn Monaten von Siedlern und Soldaten geräumt. Wenn die Hamas-Regierung ernst genommen werden will, muss sie sich wie eine Regierung verhalten. Wenn nicht, muss ihr nachgeholfen werden. SUSANNE KNAUL