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PRESSCHLAGLeiser Ärger im Bubikopf

■ Trotz drei wunderschöner Abstaubertore fliegt Anke Huber gegen Monica Seles aus dem Viertelfinale

Eine wackere Anke Huber ist gegen die Möchtegern-Diva des Tennis, Monica Seles, nach äußerst anständiger Leistung im Viertelfinale der Australian Open ausgeschieden. Im Vorjahr war Anke an gleichem Ort und in der gleichen Runde noch sang- und klanglos gegen Seles mit 3:6, 1:6 eingegangen. Diesmal machte sie es der im schockorangenen Hemdchen antretenden Monica reichlich schwerer.

Ein rechtes Dampfhammer- Match war es, was die 17jährige Anke und ihre ein Jahr ältere Kollegin auf dem Centre Court ablieferten. „So viel Power auf Vor- und Rückhand gleichzeitig hat im Damentennis sonst nur noch Jennifer Capriati“, lobte der beeindruckte Bundestrainer Klaus Hofsäß die mit purer Gewalt auf die armen Bälle eindreschenden Mädchen. Und lauter als die beiden ist auch niemand: Von der gewohnt quiekenden Monica recht motiviert, begleitete auch Anke Huber ihre Ballfolterung mit stoßweisem Grunzen. Im ersten Satz lautmalte sich Anke nach einem 2:5-Rückstand gegen Orange Monica noch zum 5:5, verpaßte nach einigen unnötigen Fehlern doch den Tiebreak. 7:5 für die Titelverteidigerin Seles, die ganz erstaunt war, daß da jemand genauso unmenschlich auf die Bälle draufkloppte wie sie.

Nach diesem knappen Satz begann die deutsche Nummer zwei zwar mit einem Break, im weiteren Verlauf war Monica dann aber doch etwas konstanter und gewann mit 6:3. Anke wußte danach gar nicht, ob sie nun zufrieden oder frustriert sein sollte. Einerseits hatte sie vor dem Match „überhaupt nicht an einen Sieg gedacht“ und dann trotzdem ihr bisher engstes Spiel gegen Seles gezeigt. Andererseits hatte sie so viele Breakchancen und Spielbälle vergeben, daß ein leiser Ärger im Karlsdorfer Bubikopf heranzog. „Insgesamt ist das Turnier hier für mich optimal gelaufen“, zog Anke Huber dennoch ein versöhnliches Fazit des Australien-Trips.

Monica Seles genoß nach ihrem Sieg in kindlicher Freude, eine halbe Stunde Autogramme auf Programmhefte, Käppis und Socken zu malen und ungefähr 237 Bewunderern die göttliche Hand zu reichen. Man weiß ja, Monica bewundert Madonna, die Königin des Plastik- Pop — die erste Single des Tennis- Sternchens ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Zur Pressekonferenz erschien Madonnica in rosengeblümtem Badeanzug und schnöder Jogging-Hose. Das reicht zwar natürlich nicht, um die nötige Abgründigkeit ihres Seelenlebens zu demonstrieren, die man als Millionenstar oder Mega-Diva einfach braucht, sorgte aber unter den schreibenden Herren für genug Verwirrung, um auf vernünftige Fragen zu verzichten.

So erzählte Monica zum wiederholten Male, daß sie „so gerne zu Zeiten der großen Suzanne Lenglen gespielt hätte“, dem ihrer Meinung nach „weiblichen Michael Jordan des Tennis“. Diesen Hauch von Abgründigkeit konnte die brave Anke natürlich auch nicht annähernd bieten.

Dafür mauserte sie sich am Abend beim traditionellen Gekicke „schreibende Scharen gegen Vertreter des Sports“ zum weiblichen Dieter Hoeness des Fußballs. Ohne mehr als fünf Meter am Stück zu laufen, schoß sie beim 8:7-Sieg gegen die frustrierten Journalisten drei Abstaubertore. Effizient, unsere Anke. Als das österreichische Schandmaul Thomas Muster schon vehement lästerte, Damen-Fußball sei „derselbe Schrott wie Damen- Tennis“, da plumpste Anke auf dem durch eine wildgewordene Sprinkleranlage ziemlich glitschig gewordenen Rasen doch noch auf den Hintern, was Muster zu einem aufmunternden „Endlich bist a dreckig, jetzt kaans fighten“, veranlaßte. Das T-Shirt machte sich Anke aber dennoch nicht schmutzig, im Gegensatz zu den restlichen Mitspielern, die recht gesuhlt aussahen und die zuschauenden Rugby liebenden Australier sicher davon überzeugt haben, daß Fußball doch ein ernstzunehmender Sport ist. Mario Vigl

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