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Archiv-Artikel

PRESS-SCHLAG FC Energie Dortmund

TROTZKÖPFE Der BVB gibt in der Champions League alles gegen Real Madrid – und scheitert doch an sich selbst

Es heißt, selbst in den dunkelsten Fußballkneipen von Berlin-Wedding hätten harte Männer eine Träne verdrückt, gerührt von dem, was sie auf dem Bildschirm sahen: eine leidenschaftliche Fußwerkertruppe in Gelb-Schwarz, die es fast geschafft hätte, den übermächtigen Gegner, Königliche geheißen, vom Platz zu fegen. Doch ein Ball prallte gegen den Pfosten, der nächste wurde vom famosen Real-Keeper Casillas abgelenkt, und so blieb nur die Erkenntnis, dass Borussia Dortmund wieder zu großen Spielen fähig ist, auch wenn es nicht zum Weiterkommen in der Champions League reicht.

Diese Partie war fesselnd, weil Dortmund die Zuschauer überraschte. Um ein Haar hätten sie das üble Hinspielergebnis (0:3) wettgemacht. Nach dem Zwonull vom Dienstagabend scheiterten die Dortmunder nur an einer mathematischen Hürde, alle anderen Hindernisse übersprangen sie locker und leicht. Sie rannten sich wieder die Lunge aus dem Leib. Der Dauerregen war kein störendes Element, sondern wirkte wie ein Elixier, mit dem sich noch schneller und ausdauernder laufen ließ. Sie nutzen clever große und kleine Fehler der Madrilenen, kurzum: Dortmund schien nach einer Phase der Abgespanntheit wieder auf der Höhe zu sein. Mag sein, aber das ist in dieser Saison nur möglich, wenn die BVB-Elf sämtliche Kräfte bündelt und das eigene Fußballspiel unter das Diktat des unbedingten Wollens stellt. Coach Klopp mutiert dabei zusehends zum Energiebündel, dessen Funken nicht mehr recht überspringen wollen auf die Mannschaft. Doch manchmal glückt das Experiment noch und der Teilzeitwüterich lädt seine Elf mit hohen elektrischen Dosen auf. Dann rennen seine Spieler mal locker zehn Kilometer mehr als die gegnerische Elf. Dann wird attackiert bis zum Wadenkrampf.

Diese Art des Fußballspiels ist mit einem hohen Verschleiß verbunden, physisch und psychisch. Man merkt Borussia Dortmund in dieser Spielzeit diesen leichten Burn-out an. Sie schaffen es nicht mehr, auch bedingt durch eine nur halb gelungene Transferpolitik, durchgehend auf hohem Niveau zu spielen. Borussia Dortmund kann sich nur noch punktuell aufraffen zu Großtaten.

Das haben auch die Fans in Berlin-Wedding gespürt: dass dieses Team an die eigenen Grenzen geht und ein paar Fußballgesetze aushebeln möchte. Dass sie die kleine Krise einfach mal so umdefinieren, weil ihnen der Sinn danach steht, das hatte was.

MARKUS VÖLKER