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Archiv-Artikel

PREDIGT: KINDER KRIEGEN IST WICHTIGER ALS KINDER VERHÜTEN Kniet nieder!

Nein, das hier ist keine Retourkutsche eines „Lieblingsfeindes“. Das ist eher eine kleine Fastenpredigt für rote Schwestern und Brüder, die seit 25 Jahren auf Nulldiät in Sache Kirche und Religion gegangen sind. Eine Fliege als Savonarola!

Ihr tragt eine Mitschuld an der Mittelmäßigkeit in Deutschland! Ihr wart das doch, ihr jungen Linken, die das alte Lied vom Suppenkasper an die neue Zeit angepasst habt: „Kaum trägt die Suppe man herein, fängt er schon wieder an zu schrein: Was soll mir diese Sittenpflicht, nein, bei der Suppe bet ich nicht! Ich nehme mir anstelle noch eine zweite Kelle!“ Das war doch der wahre Materialismus – zuerst das Fressen, dann die Moral! Ihr wart das doch, die vor 25 Jahren am Vorabend des 1. Mai auf den Kirchenposaunen die Internationale übtet! Die ihr oft aus frommen Elternhäusern kamt und in neuem Fundamentalismus machtet. Die ihr die Welt auf den Kopf stellen wolltet! Jetzt habt ihr zu wenig Ahnung von family, flag and religion, zu wenig Ahnung von Kinder kriegen statt Kinder verhüten, zu wenig Nationalgefühl, Gefühl für das Volk! Ihr redet immer von Solidarität. Wie heißt denn das deutsche Wort dafür? Pause!

Und ihr habt am wenigsten ein Gefühl von Religion, dem größten aller Gefühle! Keine Ahnung von der umfassenden Kommunikation mit Körper, Geist und Seele, mit Pflanzen, dem Geist der Tiere und den unendlichen Elementen. Ihr wollt immer noch nicht wahrhaben, dass die unsichtbare Welt die sichtbare Welt berührt und bestimmt. Muss man hier „energetisch“ schreiben, um wenigstens im Berliner Jargon zu bleiben? Oder darf es auch die Sprache unserer Väter und Mütter sein?

Ihr habt Angst! Ihr habt Angst, mit euren Gefühlen wegzuschwimmen. Also eine kleine Schwimmübung als Geburtstagsgeschenk zum 25.: Beten! Nicht dem lieben Gott die Ohren vollbrabbeln – Beten ist eine Haltung. Beterinnen und Beter machen sich klein und still, um das große Fremde und Ganze zu spüren und zu erfahren, dass Gorbatschow irrt: Das Leben sorgt nämlich für dich! Denn wer zu spät kniet, den bekniet das Leben. JÜRGEN FLIEGE

Evangelischer Pfarrer und Moderator der Talkshow „Fliege“