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PR für schärfere KontrollenAus "Nackt-" wird "Bodyscanner"

Mit Technik und Wortwahl will die Politik die Akzeptanz des Ganzkörperscanners erhöhen – auch de Maizière meldet sich zu Wort. Doch Datenschützer bleiben skeptisch.

Auf dem Monitor am Amsterdamer Flughafen Shiphol ist das Ergebnis eines Test-Scanners zu sehen. Bild: dpa

BERLIN taz/dpa/afp | Die Wortwahl ist den beteiligten Behörden sehr wichtig. Wer im Haus von Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) nach den umstrittenen Nacktscannern fragt, bekommt Auskünfte nur zum Thema "Bodyscanner" erteilt. Mit insgesamt 10 Millionen Euro fördert Schavan vier Projekte zur Erforschung der Terahertz-Technologie, die Sprengstoffe am Körper von Passagieren ausfindig machen soll. Man arbeite an Lösungen, "die Persönlichkeitsrechte stärker berücksichtigen", sagte ein Sprecher am Dienstag der taz.

Nach Ministeriums-Angaben sind in den USA bereits Geräte auf dem Markt, die über einen "Privacy-Modus" verfügen. Den Herstellern zufolge soll dann nur noch eine dreidimensionale Schwarzweißsilhouette zu sehen sein, die eine Identifizierung der Person nicht ermögliche.

Aussagekräftige Ergebnisse der deutschen Forschungsprojekte seien dagegen erst Ende kommenden Jahres zu erwarten, sagte der Sprecher. Auch hier solle die Körperdarstellung anonymisiert werden. Eine Umsetzung der Projektergebnisse sei jedoch "erst nach weiteren Entwicklungsarbeiten zu erwarten". Gleichzeitig würden Handreichungen für das Sicherheitspersonal entwickelt. "Zu ethisch vertretbaren Lösungen trägt zum Beispiel auch bei, dass die Auswertung der Daten in einem anderen Raum stattfindet."

An dieser Linie orientiert sich auch Bundesinnenminister Minister Thomas de Maizière. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung wagt er sich etwas aus der Deckung: Unter bestimmten Bedingungen sei er offen für den Einsatz der Nacktscanner an deutschen Flughäfen, sagte er.

Nämlich dann, wenn es gelinge, Geräte zu entwickeln, die die Persönlichkeitsrechte der Passagiere "vollumfänglich wahren". Für De Maizière wäre das dann der Fall, wenn die Körperstrukturen der Passagiere "unklarer" dargestellt, gefährliche Gegenstände aber dennoch erkennbar seien. Zudem müssten die Geräte gesundheitlich unbedenklich sein.

Noch empfänglicher ist die FDP für die neuen Scanner: "Wenn man technisch durchsucht wird, etwa auf Sprengstoff, ist das immer angenehmer, als wenn man von anderen Personen angefasst wird", sagte etwa der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen. Ähnlich äußerte sich Fraktionsvize Gisela Piltz.

Während der entschärfte Nacktscanner in der Politik zunehmend Fürsprache erfährt, bleiben Datenschützer skeptisch. Auch wenn der Kopf nicht zu erkennen sei, könne die körperliche Entblößung etwa gegen religiöse Bekleidungsvorschriften verstoßen, sagte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert. Der undifferenzierte Einsatz des Körperscanners bei Flughafenkontrollen sei "schlicht unverhältnismäßig".

Unterdessen kündigte de Maizière an, die Sicherheitsstandards bei der Passagier- und Handgepäckkontrolle würden mit konventionellen Methoden "nochmals erhöht". Auf welchem Wege, teilte der Minister allerdings nicht mit.

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19 Kommentare

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  • V
    vic

    Es ist dasselbe Spiel wie mit Tamiflu. Es gab das Medikament, also musste eine Krankheit, pardon - Epedimie her.

    Es gibt eingemottete Nacktscanner, es gibt Interessenten neue zu verkaufen - also muss eine Bedrohungssituation geschaffen werden.

    Ich fliege nicht, ich habe auch keinen Reisepass mehr.

    Allein, ich sehe es schon vor mir. Nacktscanner im ÖPNV, im Supermarkt, beim Arzt, Bäcker, ÜBERALL.

  • SS
    Susi Sorglos

    Es geht doch gar nicht darum, ob diese Geräte irgendwas bewirken. Entscheidend ist, daß sie für teuer Geld endlich verkauft werden, und da kam dieser Anschlag gerade recht. Es winken Millionenaufträge!

  • V
    Vielflieger

    Ob Merkel, Ackermann & Co. auch in den Nachtscanner müssen? ...oder gilt das nur für die 2. Klasse?

  • TK
    Tobias Krohn

    Autofahren ist statisch gesehen gefährlicher als Fliegen. Wenn sich nur wenige Prozent statt zu fliegen lieber das Auto nehmen um diese Prozedur zu vermeiden, dann kostet der Nacktscanner wahrscheinlich mehr Leben, als er rettet.

  • P
    pelljema

    Es wäre wahrscheinlich ein hoher Sicherheitsgewinn die Passagiere vor Abflug zu sedieren.

  • K
    Kapelle

    Yeah, und "Raider" heißt jetzt "Twix". Ich habe da auch noch einen Vorschlag für einen PR-Slogan: "Der neue Body-Scanner für geschmeidige Haut." Das neue Jahr ist zwar noch nicht angebrochen, aber "Nackt-", resp. "Bodyscanner" hat das Zeug zum Unwort des Jahres 2010 ... bei dem geballten Dumpfsinn der jüngsten Vergangenheit darf man jedoch gespannt bleiben.

  • HS
    Herr S. aus LB

    Wenn man lange genug herum experimentiert dan wird man auch Sprengstoffe entwickeln die auf den Scannern nicht mehr sichtbar sind weil sie die beschaffenheit haben von zB Körperfett etc. Sprengsätze lassen sich dann zB durch bioelektrische Signale zünden. Sicher kann man da niemals gehen. Die Frage ist nur was uns diese sicherheit kosten soll.

     

    Ich denke wenn so ein Körperskanner nur noch Dinge anzeigt wo der Computer nicht zuordnen kann (zB die zunächst nicht zuordbare Kürtelschnalle), wäre zumindest Ein Schritt Richtung Privatspähre gegangen. Wenn man durch die Scanner nur noch durchläuft dann wäre ein weiterer hinsichtlich der Gesundheit dazu gekommen.

     

    Die Frage ist nur ob nicht doch wer daher kommt, die Bilder Speichert und missbräuchlich benutzt um ZB Unliebsame in der öffentlichkeit blos zu stellen.

     

    Die Frage die mir hier auch durch den Kopf geht ist ob die EU dann soweit geht, Vorgaben für Produkte aller art zu machen um sie eindeutig zu indentifizieren zu können. Wird man dann RFID vielleicht für alle Produkte vorschreiben und sie so unterbringen das man sie nicht mehr entfernen kann? Dann kann man ja klar erkennen was da unter der Kleidung sich versteckt. Werden die Daten dann gespeichert, um vieleicht später feststellen zu können wie wer was vieleicht mit welchen Gerät gemacht hat?

     

    Sicherlich: Man kann hier noch mehr dinge aufzählen und man wird dann fragen: "Hast du etwa was zu verbergen?" Habe ich was zu verbergen? In Zeiten des Internetz wo jede nur noch so kleinste Information als psychologische Waffe missbraucht wird, hab ich da was zu verbergen? Das letzte Foto von der Party, Babyfotos. Der Aufsatz den man in der 5. Klasse geschrieben hat und total versaut hat...

     

    Wiviel ist mir die Sicherheit wert? Die Freiheit auch mal etwas mehr essen zu können gegen die Sicherheit das ich anstatt jeder 100.000 Flug nur noch jeder 110.000 Flug die Gefahr mit sich bringt doch ein Opfer einer Entführung zu werden?

     

    Nein: Sicherheiheit ist wichtig und man muss durchaus dafür sorgen das einem nicht die Flugzeuge auf den Kopf regnen. Doch was kostet es? Was kostet es an Freiheit, an Menschlichkeit und wieviel Menschen müssen an anderer Stelle zahlen?

     

    Was kostet es uns einen Sicheren Flug nehmen zu können um zB in Deutschland 1-2 Stunden zu sparen? CO2? könnte man nicht auch die Gelder für diese Sicherheitssystheme in humanitäre projekte Stecken? Muss man überhaupt immer mit den Flugzeug fliegen?

     

    Oder fahr ich doch lieber Bahn.

  • S
    sympatisant

    wie gestern im fernsehen zu sehen war reichen 50 gramm plastiksprenstoff um einen jet zum absturz zu bringen.

    nun, jeder geübte kann sich wahrscheinlich 100 gramm in den anus schieben, frauen nochmal vorne nachlegen.

    also geht es gar nicht um sicherheit sondern wieder nur darum immer strengere kontrollen einzuführen und jeden der nicht mitmacht als verbrecher zu verunglimpfen.

    darum geht es.

  • M
    Majo

    "Datenschützer bleiben skeptisch." Strahlenskeptiker auch ! Wenn diese Scanner eingeführt werden sollten, muss man sich jede Strahlendosis schriftlich durch den Bundesgrenzschutz bestätigen lassen und wenn man dann an Krebs erkrankt die Bundesregierung gerichtlich haftbar machen.

  • K
    Karl

    Warum fragt eigentlich niemand nach dem marginalen Sicherheitsgewinn bei Einsatz von THz-Scannern?

     

    Glück auf.

     

    Karl

  • AN
    Arno Nym

    Die Bahn und die Privatisierung... muss dieses öffentliche Verkehrsmittel überhaupt Gewinn machen? Nun gut, anscheinend haben wir es dazu verdammt, also kann die Bahn nicht über günstige Preise Kunden vom Fliegen abhalten. Vielleicht gelingt es ja durch die Tatsache, dass einem beim Flughafen das Personal aufs Genital schaut.

     

    (Ja da flöten sie dann wieder, dass die Software das ja verhindere, und tralü und trala. Alles was die Hardware kann wird früher oder später auch gemacht.)

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Warum der Scanner gegen die Menschenwürde verstoßen soll, erschließt sich mir nicht ernsthaft - das derzeit übliche Abgegrapschtwerden ("Leibesvisitation") ist jedenfalls ein deutlich schwerwiegenderer Eingriff!

  • R
    Rolf

    So ein Schmierentheater.

     

    Was machen die Sicherheitspossenspieler denn, wenn der erste Terrorist den Sprengstoff *im* Körper trägt? In der Art, wie Drogenkuriere die Drogen runterschlucken und/oder im Enddarm mit sich führen? Oder wenn der Sprengstoff als z.B. Brustimplantat mitgeführt wird?

     

    Um Terror zu vebreiten bedarf es strenggenommen nichtmal einer existierenden Bombe, es reicht aus, wenn eine Organisation mit Anschlägen nur droht. Dagegen helfen keine Scanner, dagegen hilft nur die totale Kommunikationsüberwachung.

     

    Solange die Ursache des Terrorismus nicht ausgeräumt ist, solange werden wir nicht in Frieden leben können und solange werden Politiker auf Kosten der Bürgerrechte Karriere machen.

  • F
    fibetta

    Na Klasse,

    Irgendwer will sich und seine Mitmenschen töten,

    kommt von Regierungsseite Wort- und Technikvodoo.

     

    Steckt der Sprengstoff im Körper, wird auf absehbare

    Zeit kein Detektor etwas finden.

    Die Sprengtechnik wird ebenfalls nicht auf dem heutigen Stand stehenbleiben.

     

    Dieser ganze Terrorzirkus wird erst langsam aufhören, wenn die ökonomischen und sozialen Gründe dafür wegfallen.

    Daran tragen definitiv Regierungen die Schuld.

  • K
    Kati

    Mit den gleichen sogen. 'Sicherheitsargumenten', die nun für diesen 'Ausziehscan' vorgebracht werden, kann man auch für den implantierten Chip unter der Haut (wie bereits bei Tieren) argumentieren. Alles zu 'unserer' Sicherheit.Mit dem demokratischen Rechtsstaat, von dem den Kindern in der Schule noch erzählt wird, hat dies nichts mehr zu tun.

  • MH
    markus hirn

    Volle Geldverschwendung, jeder weiß, daß Flugzeuge mit Motor eh nicht mehr benutzt werden dürfen. Es bleibt der größte Witz der Geschichte, daß sog. El Kaida bisher am meisten zur co2-verhinderung beigetragen haben.

  • NK
    Nackte Kanone

    Nur noch Nacktflüge

    und das Problem ist gelöst.

    Die Flughäfen als riesige FKK-Gelande - DAS ist sicher.

    Überhaupt sollten wir sicherheitshalber nur noch nackt herumlaufen, denn jeder könnte doch ein brutaler Terrorist sein. Die Städte bitte heizen und überdachen.

    Und nackicht den maschinenlesbaren Ausweis um den Hals baumeln lassen - oder weiter unten.

    Die Sicherheit geht vor.

    Und angesichts des Klimawandels ist die Massen-Nackedei bald gar kein Problem mehr.

  • RM
    Ralf Mittermaier

    Wenn ausschließlich der Computer das Bild auswertet, ergibt sich aber ein anderes Problem. Der Computer hat keine Tagesform wie ein Mensch. D.h. wenn Terroristen irgendwo auf der Welt Zugang zu so einem Gerät haben, können sie so lange am Verstecken der Waffen beziehungsweise Sprengstoff herumprobieren, bis das Gerät nicht mehr anspricht. Dann können sie ziemlich sicher sein, dass ein baugleiches Gerät am Flughafen auch nichts bemerken wird.

    Und wenn das einem Terroristen einmal gelungen ist, werden dann doch Menschen die Bilder betrachten. Zumindest solange bis eine Verbesserte Version der Auswertesoftware verfügbar ist.

  • E
    Edelweiß

    Es ist die Rede "eine Erhebung der Fluggastdaten nach US-Vorbild durchsetzen" zu wollen, dabei ist dies längst im "Stochholmer-Programm" von der EU beschlossen worden, also schon vor dem Anschlagsversuch.