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PLO-Kämpfer im Südlibanon entwaffnet

■ Libanesische Armee kündigt Vormarsch nach Jezzin an/ Die Enklave wird von Israel als Teil der „Sicherheitszone“ beansprucht

Beirut/Sidon/Jerusalem (afp/dpa/ taz) — Die Palästinensische Befreiungsorganisation händigte nahezu alle ihre Waffen an die libanesische Armee aus. Die PLO-Einheiten lieferten ihre Waffen bis Sonntag abend ab, nachdem die Beiruter Regierung mit der Durchsuchung der palästinensischen Flüchtlingslager im Süden des Landes gedroht hatte. Aus libanesischen Militärkreisen hieß es gestern, daß über 97 Prozent der PLO-Waffen im Gebiet der Hafenstadt Sidon an die libanesischen Behörden übergeben worden seien. Der libanesische Verteidigungsminister Michel Murr hatte auf der Grundlage eines Geheimdienstberichtes darauf hingewiesen, daß in den Flüchtlingslagern Ain al-Hilweh und Mieh Mieh nahe Sidons auch nach der ersten Entwaffnungsrunde der PLO noch Waffen versteckt seien. Murr hatte daraufhin auf deren Auslieferung gedrängt. Bei einer Großrazzia der libanesischen Armee am Sonntag in Sidon waren nach Armeeangaben 50 Palästinenser festgenommen worden und Hunderte Waffen beschlagnahmt worden.

In der Nacht zum Montag brachten zwei große Lkw-Konvois die Waffen — darunter Raketenabschußrampen, Kanonen und Mörser — aus den beiden Flüchtlingslagern zu den Stellen nahe Sidons, an denen die ausgelieferten Waffen gesammelt werden. Die Waffen sollen nach Angaben eines PLO-Sprechers zunächst im östlichen Bekaa-Tal zusammengetragen und dann nach Tunis transportiert werden, wo das Hauptquartier der Organisation ist. Die PLO-Einheiten hatten zunächst Widerstand gegen ihre Entwaffnung geleistet. Bei den Kämpfen mit den Regierungstruppen in der vergangenen Woche kamen insgesamt 81 Menschen ums Leben, 150 weitere wurden verwundet.

Nach Angaben des libanesischen Staatsministers Schawki Fakhuri sollen die libanesischen Truppen als nächstes in der überwiegend von Christen bewohnte Region um Jezzin stationiert werden. Die strategisch wichtige Enklave östlich von Sidon wird von Israel als Teil der von der Jerusalemer Regierung selbst deklarierten „Sicherheitszone“ im Südlibanon angesehen und von der mit Israel verbündeten Miliz Südlibanesische Armee kontrolliert. Nach Ansicht von Fakhuri wird das Vorrücken der Armee nach Jezzin sich binnen Wochen, „nicht binnen Monaten“, vollziehen. Die israelische Armee hatte für diesen Fall angekündigt, die Südlibanesische Armee werde die Enklave mit israelischer Unterstützung verteidigen. Der Führer der Südlibanesischen Armee, General Antoine Lahad, erklärte unterdessen seine Bereitschaft, mit der libanesischen Regierung über die Zukunft Jezzins zu verhandeln. Bedingungen für eine Übernahme Jezzins durch die libanesische Armee wolle er nicht nennen, bevor Verhandlungen begonnen hätten, sagte Lahad gestern in der nordisraelischen Stadt Metulla, kündigte aber an, er werde jeden seiner Schritte mit Israel absprechen. Bei der gleichen Gelegenheit drückte er seine Erwartung aus, daß sich Israel internationalen Forderungen nach einem Rückzug aus dem Südlibanon nicht beugen werde. Die von Israel besetzte „Sicherheitszone“ umfaßt einen etwa 1.000 Quadratkilometer großen Grenzstreifen. Die israelische Regierung hat in den vergangenen Tagen wiederholt betont, sie habe nicht die Absicht, sich aus der Region zurückzuziehen.

Die Jerusalemer Regierung warnte Syrien am Sonntag vor der Infiltration von Terrorkommandos auf israelisches Gebiet. Die Regierung wolle künftig Damaskus und die UN- Beobachter auf den Golan-Höhen für alle Terrorangriffe gegen Stellungen der israelischen Armee in der Region verantwortlich machen, hieß es von offizieller israelischer Seite. Israel hatte die Golan-Höhen 1967 im Sechstage-Krieg erobert und 1981 annektiert. In der Nacht zum Mittwoch war ein israelischer Soldat von Freischärlern getötet worden, die israelischen Angaben zufolge vom Libanon aus über Syrien auf israelisches Gebiet vorgedrungen waren. Die Eindringlinge hatten Panzerabwehrraketen gegen israelische Stellungen geschossen, wobei ein Soldat getötet wurde.

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