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PLAKATE FÜR VERKEHRSSICHERHEIT BRINGEN NICHTS – NUR VERBOTERasen ist kein Kavaliersdelikt

Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig will „gute Autofahrer“ belohnen. Richtig daran ist, Verkehrssicherheit zum Thema zu machen. Es reicht nicht, wenn nur ein Schnellkurs für Grundschüler so heißt, die bei der Polizei lernen, wie man auf den Straßen überlebt. Oder wenn die Prospekte der Autoindustrie mit steigender Verkehrssicherheit werben – und den Airbag meinen. Verkehrssicherheit in Deutschland: Das ist bisher zunehmender technischer Schutz für die Autofahrer und steigende Gefahr für alle anderen Verkehrsteilnehmer.

Nun will der Minister also die Autofahrer nicht mit Verordnungen schocken, sondern mit Anreizen locken – schließlich weiß er, dass die meisten Wähler motorisiert sind. Doch werden Belohnungen so wenig ausrichten wie die niedlichen Plakate mit Eisbären oder Elefanten, die die Autofahrer belehren, dass es auch „gelassen“ geht. Denn viele rasen ja nicht, weil sie nicht wüssten, wie ein Gaspedal funktioniert – sondern, weil sie das Autofahren als Sportveranstaltung oder Ersatzabenteuer missverstehen.

Deshalb bleibt nur das Verbot: zum Beispiel von Autowerbung, die auf den sportlichen Charakter bestimmter Modelle abzielt. Denn ein sportlicher Fahrstil ist meist nichts anderes als ein rücksichtsloser. Auch Spots, in denen sich Geländewagen durch tiefen Saharasand oder Schneewehen kämpfen, dürfte es nicht geben. Diese martialischen Geräte sind schon durch ihr schieres Gewicht für Fußgänger und Radfahrer lebensgefährlich – ganz besonders aber durch die aparten „Kuhfänger“. Sie scheinen ein geradezu zwingendes Accessoire zu sein, damit sich der moderne Bürohengst als Asphaltcowboy fühlen kann, der seinen Frust mangels Sanddünen in Wohngebieten und auf Ausfallstraßen austobt.

Rücksichtsloses Rasen gilt noch immer als Kavaliersdelikt. Klar, der Mann hatte es eben eilig – und nun ist er den Lappen los, der Arme. Wer solche Anekdoten aus seinem gestressten Alltag erzählt, kann mit Verständnis rechnen. Dass zu schnelles Fahren lebensgefährlich ist, wird dabei gern übersehen. Ein angefahrenes Kind hat bei Tempo 30 noch Überlebenschancen – bei Tempo 50 kaum noch. Geradezu kriminell ist daher auch die Verniedlichung Flitzer, die diverse private Radiosender gebrauchen, wenn sie ihre Hörer vor den „Flitzerblitzern“ warnen – „damit Sie wissen, wo Sie heute mal auf die Bremse treten müssen“.

Wenn Bodewigs Kampagne ein Erfolg werden soll, dann muss er der gesamten Motorwelt zwei Binsenweisheiten einhämmern: Autos dienen der Fortbewegung von A nach B. Punkt. Und: Autos können aber ganz schnell zu einem Totschlaginstrument werden. Viel Erfolg! KATHARINA KOUFEN

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