PDS-Führungsdebatte : Der Pragmatismus rächt sich
Die PDS-Führungsriege kann einem fast leidtun: In den Sondierungen sitzt ihr ein rüpelhafter Klaus Wowereit gegenüber. Im Parlament trifft sie auf hämische Grüne, die vor Kraft kaum laufen können. Und die Basis fühlt sich von den Ober-Linken verraten und verkauft. Das intern „Boygroup“ genannte Trio aus Wirtschaftssenator Harald Wolf, Landeschef Klaus Lederer und Fraktionschef Stefan Liebich muss sich fragen, mit welcher Legitimation es eine Regierungsbeteiligung sondiert – und diese schleunigst wiederherstellen.
Kommentar von ULRICH SCHULTE
Unstrittig ist: Rot-Rot hat viel erreicht. Der scharfe Sparkurs mag Einzelne hart treffen, er ist aber auch sozial – weil er künftigen Generationen Spielräume öffnet. Bürger kommen an Informationen heran, die früher behördliches Herrschaftswissen waren. Landesbetriebe können nicht mehr ohne Parlamentskontrolle vor sich hin wirtschaften.
Diese Erfolge gingen in fünf Jahren Rot-Rot unter, auch weil das Führungstrio zu geräuschlos mitregierte. Alles Wichtige klärten die Chefs im Hinterzimmer, offenen Streit mit der SPD vermieden sie – obwohl es Anlässe en masse gab. Das rächt sich nun. Denn nur wer laut für seine Sache ficht, überwindet die Wahrnehmungsschwelle der Medien – und erreicht mit seinen Argumenten die eigenen Wähler.
Die fordern jetzt ihre Rechte ein. Sie wollen wissen, wofür ihre PDS steht – und wie ihre Ziele mit der Regierung vereinbar sind. In jedem Fall blüht der Partei eine neue Identitätsdebatte. Wolf, Liebich und Lederer können ohne Rücksprache mit der Basis nicht weiter auf Rot-Rot hinarbeiten, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen. Sie sollten auf Stimmen hören, die vor Koalitionsgesprächen eine Basiskonferenz und einen Parteitag fordern – trotz Zeitdruck. Sonst säßen sie zwar in der Regierung. Nur hinter ihnen stünde kaum noch jemand.