PARTEI: Grünes Wohlgefühl

Die Bündnisgrünen loben ihre Regierungszeit und küren Karoline Linnert fast einstimmig zur Spitzenkandidatin für die Wahl im Mai

Alles hübsch: grüner Parteitag Bild: Jan Zier

Es ist ein warmer, ein herzlicher Applaus, der Karoline Linnert entgegen brandet. Gerade eben ist sie mit 96,9 Prozent der Stimmen erneut zur Spitzenkandidatin der Grünen ausgerufen worden. Nur zwei waren gegen sie. Niemand an diesem Tag wird so viel Zuspruch aus der eigenen Partei erfahren wie die amtierende Finanzsenatorin. Kompromisse, sagt sie, sind die "Kunst der Politik". Und nicht "das Schlechte" in ihr.

Es ist Wahlversammlung, Tag der Abrechnung, könnte man sagen, zumindest für jene, die schon in den letzten vier Jahren für die Grünen im Parlament saßen, mitregierten, wieder kandidieren möchten. Und fast alle der derzeit 13 Abgeordneten, die nochmal welche werden wollen, dürfen auch wieder. Über Inhalte redete man diesmal nur am Rande, dafür gibt es andere Parteitage. Auch Bau- und Umweltsenator Reinhard Loske will in seiner Bewerbung nicht länger über die rechtswidrig geplante A 281 reden. Sondern lieber darüber, "dass wir verdammt viel hingekriegt haben". Und über seinen Kampf gegen das "unsägliche Atomgesetz" und für die anspruchsvollen, also: eigenen Klimaziele und dass das alles "wahnsinnig anstrengend" ist. Am Ende wird er Platz zwei und 86,5 Prozent der Stimmen bekommen.

Nein, sagt Anja Stahmann, die Vize-Fraktionschefin dann doch noch, "bei uns herrscht nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen", und nein, auch mit Linnert und Loske "sind wir nicht immer einer Meinung". Es musste auch mal gesagt werden, bei so viel demonstrativer Geschlossenheit. Doch kritische Nachfragen oder gar Demonstrationen am Rande des Parteitages bleiben aus. So richtig von der grünen Basis abgestraft wird bei dieser Mitgliederversammlung kaum einer der Etablierten. Sieht man mal davon ab, dass Mustafa Öztürk, immerhin Abgeordneter, trotz mehrmaliger Versuche dann doch keinen Platz unter den ersten 20 bekommen hat. Dass die Parlamentarierin Silvia Schön, die sich offensiv als Frauen- und Arbeitsmarktpolitikerin vermarktete, auch ohne Gegenkandidatin im vierten Wahlgang nur auf 62,2 Prozent der Stimmen kam. Oder dass die Sprecherin der Grünen Jugend, Linda Neddermann, 22, immerhin fünf Anläufe brauchte, um einen sicheren Listenplatz zu ergattern.

Neben ihr neu ins Parlament einziehen werden voraussichtlich auch Ralph Saxe, Weinhändler und Sprecher im Beirat Schwachhausen, Kirsten Kappert-Gonther, Ärztin und Ex-Beirätin aus Schwachhausen sowie Susanne Wendland, eine Doktorandin mit Arbeiterkindbiografie, die früher mal Azubi-Vertreterin beim örtlichen Logistikkonzern BLG war und auch schon im Landesvorstand sitzt. Und zumindest einen Quereinsteiger haben die Grünen auch vorzuweisen: Carsten Werner, Gründer des Jungen Theater, früherer Geschäftsführer der Schwankhalle, heute Kurator der Breminale, Regisseur und Journalist. Er kandidiert auf Platz 14, erzielte zudem einen Achtungserfolg gegen den Sozialpolitiker Horst Frehe.

Auch über die Postenverteilung nach der Wahl wurde schon mal geredet: Fraktionschef Matthias Güldner hat sich auf Nachfrage aus der Partei darauf festgelegt, dass er nicht Senator werden will. Sondern "sehr gerne" Abgeordneter bleiben will. Pläne für die neue Legislaturperiode hat er auch schon: Er will die Menschen vor Ort bei Großprojekten - "weil sie sich gut auskennen" - "lieber zu Beteiligten machen" und "von Anfang an eine Stimme geben". Bei der A 281, sagt er dann, "müssen wir das jetzt ein Stück weit nachholen". 89,9 Prozent der grünen Stimmen hat er dennoch bekommen.

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