: Otto Schily ohne Rechtsverständnis
Der Ex-Innenminister wollte dem von der CIA entführten Deutschen El Masri nicht helfen
BERLIN taz ■ Was wusste die rot-grüne Bundesregierung über die illegalen Entführungen von Deutschen durch die USA? Hat sie entschlossen gehandelt, um Unrecht zu beenden oder wieder gutzumachen? Diese Fragen wurden, etwa im Fall des deutschen Staatsbürgers Khaled El Masri, debattiert – doch endgültige Klarheit gibt es nicht. Nun veröffentlicht die US-Autorin Jane Mayer in dem Buch „The Dark Side“ eine Version, die den Ex-Innenminister Otto Schily im Zwielicht erscheinen lässt.
El Masri wurde Dezember 2003 vom CIA nach Afghanistan verschleppt, dort verhört und misshandelt. Im Mai 2004 wurde er in Albanien in einem Wald ausgesetzt. Ende Mai 2004 berichtete der damalige US-Botschafter Dan Coats Schily über den Fall. Laut Mayer hat Schily barsch auf diese Information reagiert und gesagt: „Warum erzählen Sie mir so was?“ Zudem habe er über den drohenden politischen Wirbel in Deutschland geklagt und Coats gefragt: „Warum haben Sie ihm nicht einfach Geld gegeben und über das Ganze geschwiegen?“
Brisant ist diese Äußerung auch, weil Schily damals als Innenminister für den Schutz der Verfassung zuständig war. Der Rat, Masri Geld zu geben, um den Rechtsweg zu umgehen, steht in Widerspruch zur Rechtsweggarantie in Artikel 19, Absatz 4 des Grundgesetzes. Schily äußert sich zu den Vorwürfen nicht.
Manfred Gnjidic, Rechtsanwalt von El Masri, sagte der taz, dass sein Mandant bislang vergebens auf eine Entschuldigung für Folter und Entführung warte. Weder von US-Seite noch von der Bundesregierung habe es bislang ein Kontaktangebot gegeben. Es wäre, so Gnjidic, auch für Schily „Zeit für eine Entschuldigung“. Ohne diese erscheine Schily als „bar jeglichen Rechtsverständnisses“. STEFAN REINECKE