: Ostler sind Gefahr für den Verkehr
■ Polizei diagnostiziert großes „Fremdenrisiko“ für DDR-Autofahrer in West-Berlin / Häufig verursachen sie Unfälle / Umsteigen auf Westauto bringt neue Gefahren
Berlin. Egal, ob mit Trabant oder im Toyota: Autofahrer aus der DDR sind eine Gefahr für den Straßenverkehr. Dieses Fazit ließ sich ziehen, nachdem gestern Verkehrspolizisten aus beiden Teilen der Stadt über die aktuelle Lage auf den Berliner Straßen referiert hatten. DDR-Bürger waren zwar nach den Worten des Westberliner Verkehrspolizisten Hermann Engelhardt bisher „nicht überproportional“ an den Unfällen in West-Berlin beteiligt. Nur bei 1.120 von insgesamt 25.328 Zusammenstößen waren sie im ersten Vierteljahr 1990 dabei, während die Volkspolizei in Ost-Berlin bisher 1.272 gemischtdeutsche Unfälle registrierte. Westler waren bei den Ostberliner Zusammenstößen nur 573mal und damit in etwa jedem zweiten Fall die Schuldigen, Ostler im Westen dagegen in 862 Fällen und somit bei zwei Drittel der Crashs. Das „Fremdenrisiko“ für Ostberliner Besucher in West-Berlin sei relativ groß, schlußfolgerte Engelhardt.
Er nannte gestern eine Reihe typischer Fehler der Autolenker aus der DDR, die zu deutsch-deutschen Zusammenstößen in West-Berlin geführt hatten. Öfter als Westberliner überschätzten sie die eigenen Bremsen und sorgten für einen Auffahrunfall, häufiger unterliefen ihnen auch Fehler beim Abbiegen oder dem Wechsel der Fahrspur. Darüber hinaus attestierte Engelhardt den DDR-Bürgern ein „gestörtes Verhältnis“ zu Radfahrern und zum Halteverbot. Ostberliner Autofahrer rücken nach den Worten des Polizeimannes den Radlern nicht nur zu dicht auf die Pelle, sie parken auch häufig verbotenerweise auf Radwegen. Die Zahl der Parksünder aus der DDR sei seit der Währungsunion stark nach oben geschnellt. Habe die Westberliner Polizei vor dem 1. Juli pro Woche 80 bis 90 DDR-Karossen umsetzen müssen, liege die Zahl jetzt bei 200 bis 220. Es sind Parksünden ohne Risiko: In der je anderen Stadthälfte begangene Ordnungswidrigkeiten können bisher, wie berichtet, von der Polizei nicht geahndet werden.
Selbst Wolfgang Busse von der Ostberliner Volkspolizei widersprach dieser Einschätzung nicht. Trabantfahrer, so der Polizeirat und Leiter der Ostberliner Unfallbereitschaft, seien eine „potentielle Gefahr für den Straßenverkehr“ und damit auch „potentielle Organspender“. Mit ihren schlechten Bremsen könnten die Zweitakter in der Kolonne rasch für Massenkarambolagen sorgen - und ihnen dann selbst zum Opfer fallen. „Der Westler bremst und steht mit einem Lächeln, der Trabant macht einen Kopfstand“, beschrieb Busse die Situation vor den Ostberliner Ampeln.
Die schnellen und starken neuen Westautos, in die zur Zeit täglich um die 1.000 Ostberliner umsteigen, sorgen vorerst eher für neue Gefahren als für eine Verbesserung. Das „Umsteigen“ habe schon manchen das Leben oder die Gesundheit gekostet, berichtete Busse.
hmt
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