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Ostbeschäftigte sollen Westlohn zurückzahlen

■ Konsequenz aus „Feuerwehrurteil“: Gleiche Bezahlung nur auf Ostniveau

Das Land Berlin will von etwa 4.400 Ostbeschäftigten im öffentlichen Dienst, die Gehälter nach Westtarif beziehen, insgesamt etwa 12 Millionen Mark zurückfordern. Das ist die Konsequenz des Senats aus dem sogenannten „Feuerwehrurteil“ zur unterschiedlichen Bezahlung in Ost und West, erklärte Innenstaatssekretär Eike Lancelle vergangene Woche vor einem Unterausschuß des parlamentarischen Hauptausschusses. Eine entsprechende Vorlage der Innenverwaltung soll morgen im Senat verhandelt werden, teilte Lancelle nach Aussagen des bündnisgrünen Finanzpolitikers Arnold Krause den Abgeordneten mit. Lancelle habe betont, die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu diesem Fall räume eine solche Rückforderung von Zuschlägen, die „ohne Rechtsgrundlage und unter Vorbehalt“ gezahlt worden seien, ausdrücklich ein. Die Sprecherin der Innenverwaltung, Françine Jobatey, bestätigte die Existenz der Senatsvorlage, wollte sich aber zu Details nicht äußern.

Hintergrund des brisanten Streits ist ein Urteil des BAG zu den Osttarifen vom Oktober 1995. Darin hatte das Gericht einem Beschäftigten der Feuerwache Mitte recht gegeben, der auf Gleichbehandlung mit einem Kollegen geklagt hatte. Dieser Kollege war erst in den Westen versetzt und später in den Osten zurückversetzt worden, hatte aber auch im Osten den Westtarif erhalten. Das Gericht sprach dem Kläger aus Gründen der Gleichbehandlung nun ebenfalls einen Anspruch auf Westlohn zu. Indirekt hatte das Gericht das Verhalten des Landes gerügt, weil es dem Feuerwehrmann bei seiner Rückkehr in den Osten nicht wieder Osttarif bezahlt hatte. Nach dem Urteil hatten Tausende von Ostbeschäftigten ebenfalls Klage eingereicht.

Das BAG forderte eine Gleichbehandlung in Ost und West, schrieb aber nicht vor, wie diese zu erreichen sei. Dies könne über die Rücknahme der Westtarife für Ostbeschäftigte oder über eine Anhebung für den öffentlichen Dienst Ost geschehen, erklärte Arnold Krause: „Eine solche Anhebung auf Westniveau würde 60.000 Beschäftigte im Osten betreffen und das Land Berlin mit Mehrkosten zwischen 300 Millionen und einer Milliarde Mark belasten.“ Der Senat will dagegen Gleichbehandlung auf niedrigem Niveau erreichen: Pro Kopf müßten dann die Betroffenen im Schnitt etwa 2.700 Mark an das Land zurückzahlen. Bernhard Pötter

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