: Ost-SPD: Wahlen nicht schon 1990
Ost-Berlin (ap/dpa) - Die SPD der DDR hat eine Vereinigung der beiden deutschen Staaten noch in diesem Jahr als übereilt, nicht machbar und „nicht sonderlich demokratisch“ zurückgewiesen. Damit stellte sich die Partei am Montag in Ost-Berlin in krassen Gegensatz zu Äußerungen von Bundeskanzler Helmut Kohl und dem Ost-CDU-Generalsekretär Martin Kirchner, die die Vereinigung noch in 1990 befürworten.
Der neue SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse nannte in Ost -Berlin drei Bedingungen für gesamtdeutsche Wahlen: Die Länder in der DDR müßten arbeitsfähig, die Zwei-plus-vier -Verhandlungen abgeschlossen und ein Vereinigungsvertrag ausgearbeitet sein. Darin müsse vor allem geregelt werden, daß das Grundgesetz modernisiert und durch einen Volksentscheid zur neuen deutschen Verfassung werde.
Thierse verurteilte den Vorstoß der Deutschen Sozialen Union vom Sonntag, die Vereinigung Deutschlands sofort zu vollziehen, als klaren Bruch der Koalition und „eine Art Überfall“. Der Antrag sei auch eine Brüskierung von Ministerpräsident Lothar de Maiziere, der nach Ansicht Thierses auf Seite der SPD steht.
Thierse schloß nicht aus, daß an der Wahlterminfrage auch die Regierungskoalition zwischen SPD und CDU in der DDR zerbrechen könnte. Es sei den Nachbarn Deutschlands gegenüber „unsensibel“, die Vereinigung herbeizuführen, ohne die Klärung der Zwei-plus-vier-Gespräche abzuwarten. Dies würde auch den Einigungsprozeß in Europa gefährden.
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