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OrtsterminFitness fürs digitale Zeitalter

Bei ihrem netzpolitischen Kongress lassen die Grünen Prominenz auflaufen und profilieren ihr Personal. Buhmann des Tages: Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar.

Kam bei der Twitter-Gemeinde nicht gut an: Peter Schaars Vorschlag, eine "Vorratsdatenspeicherung light" einzuführen. Bild: screenshot/twitter

BERLIN taz | Ein netzpolitischer Kongress der eigenen Partei? Hört sich nach einem Heimspiel für den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar an. Hätte er nicht zwei Tage zuvor vorgeschlagen, eine "Vorratsdatenspeicherung light" einzuführen: Verbindungsdaten zwei Wochen lang zu speichern statt wie bislang gefordert sechs Monate. Mit dieser Position aber stieß er auf wenig Gegenliebe seiner Parteifreunde – und auf jede Menge Spott und Häme der nicht-grünen Kongressteilnehmer.

Während Schaar sich auf dem Podium bemühte, seinen Vorstoß als pragmatischen Kompromissvorschlag zu verkaufen, wurde bereits per Twitter empfohlen, einen "verantwortungsvollen Nachfolger für seinen Job zu finden", fröhlich wurde sein Hinweis auf das Internet als "Tatmittel und Tatort" ironisiert – und selbst sein Parteifreund Konstantin von Notz konnte sich nicht den Kommentar verkneifen, dass ihn Schaars Argumentation schlicht nicht überzeuge. Stattdessen feierte man lieber die frischgebackene Bundesverfassungsrichterin Susanne Baer mit minutenlangem Applaus für einen eloquenten und der Netzpolitik durchaus zugewandten Vortrag, in dem sie dem Grundgesetz Fitness fürs digitale Zeitalter bescheinigt.

Eben diese Fitness fürs digitale Zeitalter wollten sich die Grünen mit dem aufwändig organisierten Kongress ganz offensichtlich auch selbst attestieren. So ließen sie neben ihrem üblichen netzpolitischen Personal mit Politikern wie Claudia Roth, Krista Sager oder Wolfgang Wieland Politiker an digitalen Debatten teilnehmen, die in diesem Bereich bislang kaum auffällig geworden sind. Luden sich intellektuelle Impulsgeber wie die US-Soziologin Saskia Sassen und den Urheberrechtsexperten Reto Hilty ein. Diskutierten in ihren Workshops aber auch mit Gästen, die gerade nicht voll auf grüner Parteilinie liegen – mit Vertretern des Bundeskriminalamtes über Onlinekriminalität, mit der Musikindustrie über Kulturflatrates, mit einer Piratenpartei-Anhängerin über Frauen im Netz. Und organisierte nebenher in den modern-ehrwürdigen Sitzungssälen des Berliner Paul-Löbe-Hauses auch noch ein Barcamp, eine offene, aber häufig auch ordentlich verpeilte Konferenzform, die in Netzkreisen weitverbreitet ist.

All das hat die Diskussion in den wichtigsten netzpolitischen Bereichen natürlich keinen entscheidenden Schritt weitergebracht. Wie eigentlich immer bei solchen Treffen. Aber mit dem Kongress haben die Grünen mitten im allgemeinen Umfragehoch demonstriert, dass sie verstanden haben, über welche netzpolitischen Themen gerade gesprochen werden sollte. Und wie.

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2 Kommentare

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  • M
    m3t4b0m4n

    Es nutzt ja nichts, ein netzpolitisches Seminar nach dem Anderen zu veranstalten, wenn das Know-How dann nicht auf die Entscheider überspringt. Dies scheint mir leider ein Generationenkonflikt zu sein, denn die Generation meiner Eltern versteht das mit dem Internet bis Heute auch noch nicht. Statt dessen wird SPD-Like ein oberflächliches Net-Image aufpoliert, während man die Piraten prügelt, wie es die etablierten Parteien vor 30 Jahren mit den Grünen taten.

     

    Man sollte sich lieber mal überlegen, warum diese, obwohl kein wirkliches Interesse an Politik, nicht einfach bei den Grünen sind und deren "Macht" mit Netz-Kompetenz kombinieren. Wahrscheinlich, weil sie im entscheidenden Moment regelmässig umfallen, wenn es zum Beispiel um den Jugendmedienstaatsvertrag oder die Vorratsdatenspeicherung geht.

  • PM
    Philipp Matern

    Es wäre schön, wenn die Grünen jetzt auch in NRW zeigen würden, dass sie verstanden haben - und dem JMStV nicht zustimmen.