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Schaar für "kleine Vorratsdatenspeicherung"Zwei Wochen lang alles speichern

Der Datenschutzbeauftragte schlägt im Streit mit Union und BKA einen Kompromiss vor: Eine Speicherung der Internetdaten von maximal zwei Wochen.

Will zwei Wochen lang nachprüfen können, wer da am Rechner saß: Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar. Bild: dpa

TRIBERG taz | Statt sechs Monate soll die Vorratsdatenspeicherung künftig maximal zwei Wochen dauern. Dieses Kompromissangebot stellte Peter Schaar, der Bundesdatenschutzbeauftragte, jetzt bei einem Symposium in Triberg vor.

Ab Anfang 2009 mussten Telefon- und Internetfirmen ein halbes Jahr lang speichern, wer wann mit wem telefonierte und wer sich wann ins Internet einloggte. Im Verdachtsfall wollte die Polizei auf diese Daten zugreifen. Doch im März 2010 kippte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz. Die Dateien seien nicht gut genug gesichert. Grundsätzliche Einwände gegen die Vorratsspeicherung hatte Karlsruhe aber nicht.

Seitdem verlangt die CDU/CSU, dass Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) schnell einen neuen Gesetzentwurf vorlegen soll. Doch die Ministerin, die die anlasslose Speicherung abelehnt, wartet auf eine Überprüfung der zugrundeliegenden Richtlinie durch die EU-Kommission. Wie diese ausgeht, ist bisher völlig offen. Falls die EU-Richtlinie nicht geändert wird, muss Deutschland doch wieder eine sechsmonatige Vorratsspeicherung einführen.

Peter Schaar will der EU-Kommission nun zumindest eine Alternative aufzeigen. Eine zweiwöchige Speicherung der Internet-Verkehrsdaten genüge in den meisten Fällen, um zu ermitteln, welcher Person eine bestimmte IP-Adresse bei der Einwahl zugeordnet werden kann. So könnten die Strafverfolger in Fällen von Internet-Kriminalität meist doch ermitteln.

Bisher hatten Schaar und andere Datenschützer nur ein "Quick Freeze"-Verfahren wie in den USA angeboten. Im Verdachtsfall würden dabei vorliegende Verkehrsdaten eingefroren. BKA-Chef Jörg Ziercke wies jedoch darauf hin, dass US-Internetfirmen die Verkehrsdaten ihrer Kunden meist lange aufbewahren, während sie nach dem strengen deutschen Datenschutz bei Flatrate-Kunden sofort gelöscht werden. "Wo aber nichts gespeichert ist, kann auch nichts eingefroren werden", betont Ziercke immer wieder.

Schaar schlägt als Kompromiss deshalb eine "kleine Vorratsdatenspeicherung" vor, die er auch "Quick Freeze plus" nennt. "Eine Mindestpeicherung der Daten von ein bis zwei Wochen ist ein viel geringerer Eingriff als eine sechsmonatige Speicherung", sagte Schaar bei der Triberger Tagung des baden-württembergischen Justizministeriums.

Nach dem Karlsruher Urteil haben die Provider die gespeicherten Sechs-Monats-Daten sofort gelöscht. Derzeit speichern sie bei Flatrate-Kunden (87 Prozent des Marktes) die Daten entweder gar nicht, zwei Tage oder maximal sieben Tage. Das BKA fordert eine sechsmonatige Speicherung, weil es IP-Adressen aus dem Ausland, etwa von einem Kinderpornoring, oft erst mit mehrwöchiger Verspätung erhält und sie dann keiner konkreten Person mehr zuordnen kann.

In einer früheren Fassung dieses Artikels wurde behauptet, die FDP vertrete ein ähnliches Konzept wie Peter Schaar. Die FDP-Bundestagsfraktion betont jedoch, dass sie keinerlei anlasslose Speicherung von Internetdaten befürwortet und an der klassischen Quick-Freeze-Konzeption festhält.

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5 Kommentare

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  • A
    Anonym

    Zwei Wochen sind immer noch zu lang. Wenn schon Quickfreeze, dann darf eine Speicherung nur wenige Tage (max 5, besser nur 1 oder 2) erfolgen. Außerdem muss gesichert sein, dass die Daten nur für schwerwiegende Verbrechen und nicht für Bagatelldelikte (Filesharing etc.) verwendet werden dürfen. Entsprechende (zu erwartende) Forderungen seitens der Musik- und Filmindustrie sind dieser postwendend um die Ohren zu hauen.

  • AV
    AK VDS

    Dieser Vorschlag kann vielleicht für die Zuordnung von IP-Adressen zu Anschlussinhabern sinnvoll sein. Er verkennt aber, dass die VDS EG-Richtlinie und das deutsche Umsetzungsgesetz noch viel mehr Daten fordern: z.B. wann wer wem eine E-Mail geschickt hat, wann wer wen anrufen wollte, Handy-Standorte bei Verbindungsaufbau und so weiter. Die Speicherung dieser Daten auf Vorrat muss ersatzlos gestrichen werden!

  • VI
    Verrat ich nicht

    Im Umkehrschluss müsste die zwei Wochen lange Datenspeicherung doch sicherer sein als die über 6 Monate, oder liege ich da falsch?

    Interessante Logik, die da vertreten wird.

  • RJ
    Ralf Josephy

    Die von mir gegenüber dem BSI gemachten Vorschläge bestehend aus dem Crypto Sniffer und Bundes Autonomy als Portallösungen für den großen Lauschangriff benötigen keine Vorratslösung.

     

    Ich bin der Meinung, dass die BRD den Vorrat wegen technischer Unfähigkeit diskutiert.

  • N
    Nania

    Zuerst kommt die "kleine" Datenspeicherung, und wenn man dann darüber tatsächlich zwei oder drei richtig böse Leute findet, wird das breitgetreten und aus Gründen der Zweckmäßigkeit erst auf 6 Monate und dann auf 6 Jahre ausgeweitet. Man kann ja nie wissen... und der Bürger ist ja nicht mündig und muss überwacht werden.

     

    Was soll der Müll, liebe Bundesregierung? Reichen die Proteste nicht? Muss es wieder zu Eskalationen kommen?

    Wie man so ignorant sein kann, das ist einfach unglaublich