: Orientierung von oben
Den Leuchttürmen an der deutschen Küste schwimmen die Felle davon: Weil die Navigation auf See zunehmend über Satelliten läuft, werden alte Leuchtturm-Lampen abgestellt, um Geld zu sparen
Der Leuchtturm von Falshöft hat es schon hinter sich. 1910 wurde er in Betrieb genommen, hatte Kapitäne auf der Ostsee mit Leit- und Orientierungsfeuer versorgt, damit niemand auf Grund läuft – vor Kalkrund und dem Bredgrund gibt es Untiefen. Nach 92 Jahren wurde der Falshöfter Leuchtturm am 1. März 2002 „gelöscht“, und das heißt: Er steht noch, aber Feuer gibt‘s keines mehr. Heutzutage wird im Leuchtturm Falshöft nur noch geheiratet – 43 Stufen über Null.
Einige tausend Meter über Null kreisen derweil die GPS-Satelliten über Falshöft und über Steindeich und Borkum und Dagebüll. Ursprünglich wurde das GPS, das Global Positioning System, von den Amerikanern als Verteidigungssystem entwickelt – heute sendet es Daten fast im gesamten Seegebiet auf elektronische Schiffskarten.
Was einige der alten Leuchttürme alt aussehen lässt: Immer wieder kommen Gutachter der Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) Nord bei Prüfungen zu dem Ergebnis, dass der ein- oder andere Leuchtturm im Zusammenspiel der Navigationshilfen verzichtbar ist – und durch das Abschalten der Leuchtsignale viel Geld zu sparen ist: Rund 400.000 Euro kostet allein der Betrieb der 15 Türme an der Ostsee. Geprüft werden deswegen alle 37 noch aktiven Lichtsignale an der deutschen Nord- und Ostseeküste.
In der Wasser- und Schifffahrtsdirektion heißt es, geprüft und gegebenenfalls abgeschaltet werde schon seit längerem. „Dabei handelt es sich immer um Einzelfälle“, so Christian Forst vom Dezernat Verkehrstechnik im WSD. Einen Plan zum großen Rundumschlag gebe es nicht. Und an den Prüfungen seine diverse Experten und Verbände beteiligt.
Diverse Zeitungen schlugen trotzdem kürzlich Alarm und brachten unter anderem die FDP im niedersächsischen Aurich in Wallung. „Das geht so nicht“, sagt FDP-Kreisvorsitzender Hanno Kunz. Es seien „immer Grenzsituationen denkbar, in denen technische Ausfälle es bedingen, auf herkömmliche Mittel zurückzugreifen. Selbst in der hochtechnisierten Luftfahrt verzichtet man nicht auf die Befeuerung von Flughäfen.“
Neben den Sicherheitsbedenken geht es Kritikern des Leuchtturm-Abschalten um die Frage, was aus den Leuchttürmen wird, wenn sie erstmal ausrangiert sind. „Die sind dann erstmal Bundeseigentum“ heißt es in der Kieler Wasser- und Schifffahrtsdirektion. „Was da weiter geschieht, ist unterschiedlich. Manche werden unter Denkmalschutz gestellt, für manche interessieren sich die Kommunen.“ Bei Verkauf gilt im Normalfall das Höchstgebot.
Oder aber, das kommunale Vorverkaufsrecht greift: Die Gemeinde Gelting beispielsweise kaufte den Leuchtturm Falshöft mit der Motivation, im alten Ambiente Trauungen vornehmen zu können. Die EU kam mit ins Boot, das Land gab etwas dazu: Der Kaufpreis betrug letztendlich 85.000 Euro; weitere 35.000 Euro wurden für die Außensanierung fällig. Klaus Irler