Orchester bastelt Instrumente aus Gemüse: Mit Essen spielt man doch
Das Vienna Vegetable Orchestra feiert sein zehnjähriges Bestehen. Die Musiker schnitzen sich ihre Instrumente selbst - aus Karotten, Rhabarber, Paprika und Co.
BERLIN taz/afp Als es losging, damals, vor zehn Jahren, war es nur eine Persiflage: Studenten, die aus Gemüse Musikinstrumente basteln und auf Gurkophonen, Paprikatröten und Karottenflöten ein Orchester imitieren. "Aber wir haben schnell gemerkt, dass etwas Ehrgeizigeres möglich war", so Jörg Piringer, einer der Mitglieder des Vienna Vegetable Orchestras. "Das Konzept mag einen zum Lachen bringen", sagt seine Kollegin Tamara Wilhelm, "aber unsere Gruppe ist einzigartig in der Welt, was ihre Bedeutung und Ernsthaftigkeit angeht."
Das betrifft schon allein die Vorbereitungen. Anstatt die Instrumente auszupacken und zu stimmen, besuchen die Musiker vor jedem Auftritt einen Markt und kaufen 70 Kilogramm frisches Gemüse. Drei Stunden dauert es im Schnitt, bis die 40 Instrumente geschnitzt sind. Vor besondere Herausforderungen ist das Orchester gestellt, wenn es im Ausland spielt. In Asien sei der österreichische Rettich nicht zu bekommen, in Italien sei es meist zu warm, und in Großbritannien seien die Karotten so wasserhaltig, dass sie kaum zu gebrauchen seien, so Wilhelm. Die Musiker müssen kreativ sein und immer wieder nach neuen Ideen suchen: "Das ist unerschöpflich".
Dass die Mitglieder aus verschiedensten kreativen Bereichen kommen, erleichtert die Angelegenheit. Einige sind Musiker, andere Architekten, Designer oder Bildhauer. Ihre Auftritte sind eher Performances als Konzerte, ihre Musik eine Hommage an John Cage und Kraftwerk. "Wir machen etwas, das man organische elektronische Musik nennen könnte", sagt Wilhelm. Trotzdem kommen die Stücke ohne Synthesizer aus, das Grünzeug ist besser: "Mit Gemüse kann eine einzigartiges Tonuniversum geschaffen werden, das nur sehr schwer durch Synthesizer nachgeahmt werden kann", sagt Jörg Piringer. Außer Verstärker und Mikrofonen gibt es also nichts als Natur. Und die Stücke könnten ohne weiteres in einem Elektro-Club, bei einer Goa-Party oder einem Drum'n Bass-Event laufen - und keiner würde es merken.
Mittlerweile feiert das Gemüseorchester weltweite Erfolge. 200 Auftritte hat das zwölfköpfige Ensemble bisher absolviert, dieses Jahr feiert das Orchester sein zehnjähriges Bestehen. Nach fast jedem Konzert bekommen die Zuhörer als besonderes Extra eine Gemüsesuppe. Als militante Umweltschützer oder Vegetarier verstehen sich die Orchestermitglieder allerdings nicht, so Wilhelm. Biogemüse sei ihnen einfach zu teuer.
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