Opposition in Simbabwe: Verjagt, verschwunden, ratlos
Die Opposition in Simbabwe weiß nicht, wie sie die Krise des Landes lösen soll. Aktiv können sie ohnehin nur noch aus dem Exil agieren.
Ihre Berichte über Verschleppungen und Misshandlungen in Simbabwe sind ihr selbst zum Verhängnis geworden: Jestina Mukoko ist seit dem 3. Dezem- ber unauffindbar. Die Direktorin des "Zimbabwe Peace Project" wurde von 15 bewaffneten Männern aus ihrem Haus entführt, und seither gibt es kein Lebenszeichen. Ein Gericht in Simbabwe beauftragte die Polizei mit der Suche nach Mukoko, aber Oppositionelle gehen davon aus, dass die Regierungspartei Zanu-PF hinter der Entführung steckt. Die Polizei leugnet die Verhaftung der bekannten Menschenrechtsaktivistin. Seither sind weitere Menschenrechtler mit weniger prominenten Namen, darunter einige ihrer Kollegen, durch Schergen des Regimes von Robert Mugabe gekidnappt worden.
Das Verschwinden von Regierungsgegnern ist in Mugabes Simbabwe inzwischen an der Tagesordnung. Politische Aktivisten und Oppositionelle werden seit Jahren schon bedroht, gefoltert und kommen ums Leben. Seit Oktober aber hat die Gewalt zugenommen: "Sie haben mit der Operation Njatipedzanavo begonnen", sagt Elinor Sisulu, Vorsitzende der "Zimbabwe Crisis Coalition" in Südafrika. "Njatipedzanavo" bedeutet: "Macht sie fertig".
Elinor Sisulu ist die Schwiegertochter des verstorbenen Walter Sisulu, der ein berühmter Weggefährte Nelson Mandelas in Südafrikas Befreiungsbewegung ANC war. Jetzt engagiert sich die Familie für Freiheit in Simbabwe und fürchtet, das Regime dort wolle jetzt alle kritischen Stimmen mundtot machen. "Das ist eine Art Vorbereitung für den Fall, dass durch mehr Druck die politischen Verhandlungen in Simbabwe voranschreiten und vielleicht internationale Medien wieder zugelassen werden. Das Regime fürchtet, Beweise für Gräueltaten könnten auftauchen."
Sisulu versucht, über die Fälle der Verfolgten und Vermissten Informationen einzuholen, wie es auch Jestina Mukoko tat. Jestina Mukoko sei eine Schlüsselfigur der Zivilgesellschaft. "Ihre Arbeit war detailliert und die Informationen über die wirkliche Situation waren sehr hilfreich." Zusätzlich zu ihrem eigenen Sohn habe sie zwei Waisenkinder aus der Familie versorgt, bei Mega-Inflationsraten eine schwierige Sache.
Politische Repression, Lebensmittelknappheit und der Zusammenbruch des Gesundheitswesens haben viele Aktivisten und Oppositionspolitiker aus Simbabwe vertrieben. Auch Brian Raftopolous, einst Universitätsprofessor und einer der bekanntesten Intellektuellen von Simbabwe, verließ das Land unter zunehmender politischer Verfolgung. Er leitet jetzt den "Solidarity Peace Trust" in Kapstadt. "Der Staat ist nicht in der Lage, die Grundbedürfnisse der Bürger zu befriedigen und sie zu schützen. Stattdessen werden sie angegriffen", sagt er über die Lage in der Heimat.
Die Oppositionspartei "Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) hat aus seiner Sicht keine Alternative zur Machtteilung mit Mugabe. Bisher aber gelingt das nicht, obwohl ein entsprechendes Abkommen im September unterzeichnet wurde. Da Mugabe die Armee kontrolliert, wollte Oppositionsführer Morgan Tsvangirai als Premierminister die Polizei übernehmen. Mugabe lehnte ab. Die Regionalgemeinschaft SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) schlug als Kompromiss die gemeinsame Kontrolle der Polizeikräfte vor. "Entweder nimmt Tsvangirai das Angebot an, oder er wird weiteren Behinderungen und Unterdrückungen des Regimes ausgesetzt", meint Raftopoulos.
Sisulu sieht das anders: "Die gemeinsame Regierung kann funktionieren, aber nur, wenn sie von unabhängiger Seite überwacht wird." Unter den momentanen Bedingungen im Land, in dem Mugabe die Welle der Gewalt je nach Bedarf ankurbele, sei es äußerst schwierig. Die MDC müsse daher mit ihren Wählern und den Bürgern mehr in Verbindung bleiben, kritisiert Sisulu. Die Menschen würden allein gelassen. Aber "die Politiker sind auch geschwächt, die zähen Verhandlungen und Bedrohungen ihres Lebens machen sie mürbe." Allein seit Oktober werden 18 MDC-Anhänger vermisst. MDC-Chef Tsvangirai hat sich nach Botswana abgesetzt.
Rufe nach einer gewaltsamen Absetzung Mugabes, wie es der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu und der von der Opposition gestellte Premierminister Raila Odinga in Kenia fordern, findet Sisulu wenig hilfreich. "Militärischer Einmarsch ist das Letzte, was die Menschen in Simbabwe wollen." Die unentschlossene Haltung Südafrikas helfe allerdings auch nicht weiter. Währenddessen weitet sich die Krise in Simbabwe allmählich zu einer internationalen Krise aus.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!