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Opposition erhöht Druck auf WulffGlaeseker als "Bauernopfer"

Die Opposition glaubt Christian Wulff nicht, dass er von den angeblichen Machenschaften seines Ex-Sprechers Glaeseker nichts wusste. Dieser sei wohl nur ein "Bauernopfer".

Da passte kein Blatt dazwischen, findet die Opposition. Bild: dapd

HANNOVER/BERLIN dpa | Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion in Niedersachsen, Stefan Wenzel, hat die jüngsten Anmerkungen von Bundespräsident Christian Wulff zu seiner Lobby-Affäre angezweifelt. Auch von der niedersächsischen SPD und Berliner Oppositions- Spitzenpolitikern kam erneut scharfe Kritik am Staatsoberhaupt.

Mit Blick auf die umstrittene Lobby-Veranstaltung "Nord-Süd- Dialog" in Niedersachsen und Wulffs der Bestechlichkeit verdächtigten Ex-Sprecher Olaf Glaeseker sagte Wenzel der hannoverschen Neuen Presse: "Mir drängt sich der Eindruck auf, dass Glaeseker zum Bauernopfer gemacht werden soll. In der Vergangenheit passte zwischen Wulff und Glaeseker kein Blatt Papier (...). Insofern halte ich es nicht für vorstellbar, dass all diese Dinge an Wulff vorbeigegangen sein sollen." Wenzel forderte Wulff auf, endlich alle Fakten auf den Tisch zu legen.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Stefan Schostok, bezweifelt Alleingänge Glaesekers. Er sagte der Zeitung: "Es wird alles auf den Sündenbock Glaeseker geschoben, als hätte keiner gewusst, was der Regierungssprecher macht". Der SPD-Politiker betonte: "Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die Amtsführung der jeweiligen Landesregierung." Die amtierende CDU/FDP-Regierung unter Wulffs Nachfolger David McAllister habe sich bisher nur auf Angaben Dritter verlassen, kritisierte Schostok. "Erst jetzt fängt sie mit der Aufklärung an. Das finde ich peinlich."

"Keine Vorwürfe gegen mich"

Bundespräsident Wulff hatte die Vorwürfe gegen seine frühere niedersächsische Landesregierung am Sonntag als "ernsten Vorgang" bezeichnet, sieht aber keine eigenen Versäumnisse. Wulffs ehemalige CDU/FDP-Regierung steht im Verdacht, dem Landtag 2010 die Unwahrheit über die Finanzierung einer Lobby-Veranstaltung gesagt zu haben.

Wulff äußerte am Sonntag die Bereitschaft, sich bei Regierung und Staatsanwaltschaft in Hannover zu äußern. Zugleich betonte der Ex-Ministerpräsident: "Es gibt bisher keine Vorwürfe gegen mich." Wulff sagte erneut, dass er nicht an Rücktritt denke.

Die niedersächsische SPD kündigte an, die Regierung Wulff wegen Täuschung des Parlamentes vor dem Staatsgerichtshof zu verklagen. Die jetzige Regierung von Ministerpräsident McAllister macht für die Falschinformation Wulffs früheren Sprecher Glaeseker verantwortlich, gegen den die Staatsanwaltschaft Hannover wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast legte Wulff am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" den Rücktritt nahe: "Er ist untragbar. Herr Bundespräsident, erlösen Sie uns!" Das Amt sei "vielleicht reparabel, aber nicht seine Unglaubwürdigkeit", sagte Künast. "Er hat Transparenz versprochen und geht dem ganzen Land damit auf die Nerven, dass er sie nicht herstellt."

SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangte Wulffs Rücktritt in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" am Abend nur indirekt: "Also wenn wir erklären, wir wollen mit der Kanzlerin einen neuen wählen, dann ist doch klar, dass wir wollen, dass er zurücktritt. Aber wir können ihn nicht dazu zwingen."

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7 Kommentare

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  • R
    reblek

    "Die Opposition glaubt Christian Wulff nicht, dass er von den angeblichen Machenschaften seines Ex-Sprechers Glaeseker nichts wusste." - Wieso "angeblichen"? Hält die taz Glaeseker die Stange? Da liegt doch eine Rechnung vor, oder etwas nicht? Und das ist wohl nicht das Einzige.

  • TS
    Torsten Surbrink

    Karnevalszeit passt wohl ganz gut...

    Vor allem, was Kalkofe, Harald Schmidt etc. schon dazu gebracht haben: Vielleicht muss man das Ganze einfach mit Humor nehmen. Auch gut ist dieses Video hier:

    http://www.youtube.com/watch?v=8w5r8Qk7B08

     

    Klamauk oder irgendwie doch lustig?

  • K
    Kassandra

    Das Glaeseker ein Bauernopfer ist, ist doch wohl klar. Wer daran zweifelt ist nicht bei klarem Verstand, meiner Meinung nach. Und das Wulff nichts wusste soll wohl ein Scherz sein! Der feine Herr wusste alles.

     

    Es ist wirklich erstaunlich für wie blöde man die Mehrheit der Wähler hält.

     

    Ich kann es immer noch nicht fassen mit welcher Dreistigkeit dieser "Herr" an seinem Amte festhält.

  • I
    ion

    @Wespe/@P.Haller

     

    .... schätze mal, das Erstere bezieht sich auf das Amt (BP), resp. die Einrichtung (Bundespräsidialamt), das Folgende auf den derzeitigen BP (in persona). Also in etwa so: Die Amtsräder wären reparabel, Wulffs´nicht, der ist und bleibt platt und steht auf 'm Schlauch, oder nicht?

    Fraglich nur, WER dort überhaupt das Eine oder Andere WIE & WARUM reparieren will!

  • W
    Wolfgang

    Es ist halt Karnevalszeit, allerdings sehr sehr traurig.

  • P
    P.Haller

    @Wespe

    Was ist denn da nun so komisch?

    Reparieren kann ich doch nur, was kaputt ist, oder liege ich da falsch ? Wenn bei meinem Fahrad der Schlauch platt ist, dann repariere ich doch den kaputten Schlauch und nicht den Intakten. Und wenn der Schlauch so extrem kaputt ist, das ich ihn nicht mehr reparieren kann, dann ist er eben nicht mehr reparabel.

  • W
    wespe

    Das Amt sei "vielleicht reparabel, aber nicht seine Unglaubwürdigkeit", sagte Künast. ++

    Haha, der (Witz) war gut. Also: (a) Das sei reparabel. (b.) Seine Unglaubwürdigkeit sei nicht reparabel.

    Häh? Sollte wohl heißen, dass eine Glaubwürdigkeit nicht reparabel sei; doch es wurde aus Versehen ins Gegenteil verkehrt. Oder ist Unglaubwürdigkeit das angestrebte Ziel?