piwik no script img

Opiumproduktion in AfghanistanAnbaufläche steigt auf Rekordwert

Afghanistan ist der weltweit größte Opiumproduzent. Doch so viele Drogenpflanzen wie in diesem Jahr wurden noch nie am Hindukusch angebaut.

Die Substanz wird aus Schlafmohn gewonnen. Bild: ap

KABUL dpa | Ein Jahr vor dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes hat die Anbaufläche für Schlafmohn zur Opiumproduktion in Afghanistan ein Rekordausmaß erreicht. Verglichen mit dem Vorjahr habe die Fläche 2013 um 36 Prozent auf 209 000 Hektar zugenommen, teilte das UN-Büro zur Bekämpfung von Drogen und Kriminalität (UNODC) am Mittwoch in Kabul mit. Das ist der höchste Wert seit Beginn der UN-Erhebung 1994.

Nach UNODC-Angaben liefert Afghanistan damit den Rohstoff für etwa 80 Prozent der weltweiten Opiumproduktion. Der Anbau sei „wie ein Virus“, das einen Staat befallen habe, der wegen Korruption und Straflosigkeit ein geschwächtes Immunsystem habe, sagte der UNODC-Regionalvertreter Luc Lemahieu der Nachrichtenagentur dpa.

Aus Rohopium wird Heroin gewonnen. Die Opiumproduktion habe verglichen mit 2012 um 49 Prozent auf 5500 Tonnen zugelegt, hieß es im jährlichen UNODC-Bericht zu Afghanistan, der auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Das liege unter dem Rekordwert von 7400 Tonnen im Jahr 2007. Im Hauptanbaugebiet im umkämpften Süden habe in diesem Jahr schlechtes Wetter die Ernte beeinträchtigt.

UNODC-Direktor Yury Fedotov nannte das jüngste Ergebnis „ernüchternd“. Die Internationale Gemeinschaft müsse Afghanistan helfen. Afghanistan selber müsse aber auch mit Blick auf den Abzug der Nato-Kampftruppen Ende 2014 „einige sehr ernste Entscheidungen treffen“, um den Drogenanbau zu bekämpfen. Die Zahl der vernichteten Anbaufläche habe um 24 Prozent auf 7348 Hektar abgenommen.

Mit einem Wert von rund 950 Millionen Dollar (710 Millionen Euro) habe die Opiumproduktion etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgemacht, teilte UNODC weiter mit. Der hohe Opiumpreis von etwa 145 US-Dollar pro Kilogramm mache den Anbau attraktiv. Bauern könnten versucht sein, sich gegen eine unsichere Zukunft nach dem Abzug der Nato-Kampftruppen abzusichern.

Im Jahr nach dem Abzug der Bundeswehr aus der nordostafghanischen Provinz Badachschan nahm die Anbaufläche von Schlafmohn dort nach UNODC-Angaben um 25 Prozent auf 2374 Hektar zu. Von den 34 Provinzen in Afghanistan sind demnach nur noch 15 frei von Schlafmohnanbau, zwei weniger als im Vorjahr. Beim Versuch, Anbauflächen im Auftrag der Sicherheitskräfte zu roden, wurden in diesem Jahr 143 Menschen getötet, 41 mehr als 2012.

Zwischen dem Aufstand der Taliban und dem Anbau von Drogen gebe es weiterhin starke Verbindungen, berichtete das UNODC. So habe die Anbaufläche in der südlichen Taliban-Hochburg Helmand um 34 Prozent zugelegt. Helmand stelle inzwischen fast die Hälfte der landesweiten Anbaufläche für Schlafmohn.

Die Anbaufläche in Afghanistan erreicht fast die Ausdehnung des etwa 250 000 Hektar großen Saarlandes. Der bisherige Höchststand bei der Schlafmohn-Anbaufläche am Hindukusch lag 2007 bei 193 000 Hektar. Zum Vergleich: Nach Beginn des internationalen Militäreinsatzes und dem Sturz des Taliban-Regimes in Afghanistan wurde im Jahr 2002 nur auf 74 000 Hektar Schlafmohn angebaut.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • DU
    Drogen und Bundeswehr

    So wie während des US-Vietnamkrieges, so dürfte auch die US-Armee und ihre Geheimdienste vom Drogenhandel profitieren. // Die Drogen-Ergebnisse - bei der Bundeswehr - werden wohl noch vom BND unter der Decke gehalten - oder? (!)

  • Einerseits stimmt es natürlich, daß auch Aufständische vom Drogenhandel profitieren. Andererseits ist es jedoch so, daß in einem Land mit Warlordstruktur jeder Kriegsprofiteur in erster Linie von illegalen Märkten lebt. z.Z. rüsten die alten Warlords wieder ihre Milizen auf. Die wichtigsten von ihnen haben Gouverneurs- oder Regierungsposten bzw. spielen eine leitende Rolle in der afghanischen Innenpolitik. Sie alle benötigen für die Wiederaufrüstung den Drogenhandel, der immer auch gleichzeitig ein Waffenhandel ist. Sayyaf, Fahim, Atta, Dostum [...] Die Liste der Drogenprofiteuer außerhalb der Taliban ist lang und viele von ihnen arbeiten mit der Internationalen Besatzung zusammen. Die von Sven Hansen kommentierte AAN-Studie zeigt, wie wenig die ISAF gegen bestehende Machtstrukturen vorgeht. Das von dem Autor gezeichnete Bild gilt nicht nur für die Bundeswehr ...