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Opel-ÜbernahmeMagna hält sich Rückzug offen

Die staatliche Finanzspritze sichert kurzfristig die Zahlungsfähigkeit des Autobauers. Der potenzielle Investor Magna denkt schon laut über seinen Ausstieg nach.

Die erste Rate des zugesagten Überbrückungskredits von 1,5 Milliarden Euro wurde bereits ausgezahlt. Bild: dpa

FRANKFURT/BRÜSSEL/BERLIN ap/dpa/taz Der angeschlagene Autobauer Opel kann dank 300 Millionen Euro vom Staat vorerst weiterarbeiten. Die erste Rate des zugesagten Überbrückungskredits von 1,5 Milliarden Euro wurde am Dienstag bereits ausgezahlt, ohne dass nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auf Geld des künftigen Partners Magna zurückgegriffen wurde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte das staatliche Eingreifen, auch wenn das Ergebnis "nicht ohne Risiken" sei. Die Kanzlerin sprach von Magna als "potenziellem Investor". Denn vieles in der Vereinbarung, die am Wochenende mit Magna, dessen russischem Partner und dem Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) erzielt wurde, sei noch nicht bindend.

Auch Magna erklärte am Dienstag den Rückzug von seiner Beteiligung an der Opel-Rettung für möglich. "Dass sich aus der gegenwärtigen Mitwirkung von Magna eine Transaktion ergeben wird, kann nicht gewährleistet werden", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Derzeit liege nur ein Rahmenkonzept vor, um einen "eventuellen Insolvenzantrag zu vermeiden". In der nächsten Phase werde man mit allen Parteien zusammenarbeiten, um "eine definitive Vereinbarung herbeizuführen".

Opel-Spitzenmanager Carl-Peter Forster begrüßte die rasche erste Zahlung. Damit könnten Opel und die britische Tochter Vauxhall den Geschäftsbetrieb normal fortsetzen - unabhängig von dem Insolvenzverfahren des bisherigen Mutterkonzerns. Der Überbrückungskredit solle Opel Zeit verschaffen, um ein endgültiges Abkommen mit dem künftigen Partner Magna International aushandeln zu können, erklärte Forster. Der Opel-Mutterkonzern GM hatte am Montag Gläubigerschutz nach dem US-Konkursrecht beantragt und soll nun weitgehend verstaatlicht werden. Bei einer ersten Anhörung vor dem zuständigen Insolvenzgericht in New York gab der Richter am Montag eine erste Tranche über 15 Milliarden Dollar für eine rasche Sanierung des US-Autobauers frei. Insgesamt will die Regierung von US-Präsident Obama für die Rettung der Opel-Mutter 50 Milliarden Dollar Steuergelder aufwenden.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) verteidigte am Dienstag im Deutschlandradio das Rettungskonzept für Opel. Die jetzt gefundene Lösung ist laut Steinbrück "technisch einfacher und kostengünstiger". Zudem würden insbesondere beihilferechtliche Probleme vermieden, die die von Magna vorgesehene Zwischenfinanzierung aufgeworfen hätte. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte am Dienstag, die Kommission erwarte von der Bundesregierung nähere Informationen zu dem Überbrückungskredit für Opel. "Wir wollen sicherstellen, dass der Kredit auch wirklich die Bedingungen des Rettungsschirms der Bundesregierung erfüllt", sagte Kommissionssprecher Jonathan Todd. Voraussichtlich bedürfe die Liquiditätshilfe aber keiner formalen Genehmigung.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes pocht darauf, dass die früheren General-Motors-Töchter auf längere Sicht ohne öffentliche Gelder überlebensfähig sein müssen.

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4 Kommentare

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  • O
    ole

    @Johannes W.

    Natürlich liegt dem russischen Investor etwas an Opel. Zu einem sagenhaften Schnäppchenpreis bekommt man deutschen Know How und Patentrechte.

    Wenn selbst die Arbeiter, Journalisten und Wirtschaftsprofessoren aus Nischni Nowgorod vor der Kamera ihre Skepsis über den Deal bekunden, was man so von den ansonsten recht patriotischen Russen nicht gewohnt ist, sollte man mal darüber nachdenken. Da werden wohl etliche ihren Arbeitsplatz verlieren. Und man kann doch nun nicht wirklich davon ausgehen, daß GAZ den russischen Markt mit Opel-Modellen oder opelbasierten Wolgalimousinen überfluten kann. Wer soll das denn kaufen? Rationalisierung und Entschlackung kann nur das Ziel sein. Und darunter werden nun alle zu leiden haben.

     

    Es ist wirklich erbärmlich, wie hier mit dem Argument "Arbeitsplatzerhaltung" rumgeworfen wird. Ich sehe überhaupt nicht, was gegen eine geordnete Insolvenz gesprochen hätte. Aber klar, es ist ja Wahlkampf und was machen da schon einige (fiktive) Milliarden. Unser Basta-Kanzler hat es ja vorgemacht.

     

    Die Belegschaft ist nur so lange interessant, so lange man Wahlkampf mit ihr machen kann.

  • V
    vic

    Immer mehr darf man unterstellen, dass die Opel Belegschaft nur noch Spielball der bevorstehenden Wahlschlacht sind.

    Hier will nur noch jede Seite Retter sein. Egal wie.

  • JW
    Johannes W.

    Tut mir leid für die Beschäftigten, aber wenn man so ehrlich wäre und die Firma einfach pleite gehen lies wärs nicht schlechter. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.

    Aber hier wird lieber ein toter Gaul geritten, denn es ist Wahlkampf und man muss sich als Politiker noch profilieren.

    Bei Magna reibt man sich die Hände, denn man bekommt eine gewisse Zeit Einblick in vertrauliche Firmendaten einer Traditionsfirma, die schon seit Jahren und nicht erst jetzt ausgesaugt wurde. Das Geld ist aus der Firma gesaugt, nun wird noch das Know-How ausgelutscht. Das ist einfach widerlich.

    Man kann nur hoffen, dass dem russischen Investor etwas an Opel liegt, wer weis...

  • M
    Martin

    schon wieder so eine 300-millionen-überweisung ins nirvana... das gabs doch schonmal ...