Onlineseminar am 27.9.: Mehr sichere Häfen in Bayern

Aktivist*innen im Freistaat machen Druck auf die Landesregierung – und den Bundesinnenminister von der CSU.

Auch das schöne Bamberg soll sicherer Hafen werden Bild: Markus Spiske/Unsplash

Ein Gastbeitrag von IBO MOHAMED und EMILIA TERNES

Wenn man an Bayern und Asylpolitik denkt, ist die erste Assoziation bei vielen wohl ähnlich. Bayern, das Bundesland, wo der Ministerpräsident schonmal Asyl mit Tourismus verbindet und aus dem CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer kommt, der auf Bundesebene eine restriktive Asylpolitik fährt. Seehofer hatte zuletzt eine Aufnahme von Geflüchteten durch deutsche Städte und Kommunen blockiert. Und demnach alternative Lösungen zu einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik. Für eine schnelle Aufnahme von Menschen aus Geflüchteten-Lagern wie Moria, scheint eine europäische Lösung keine Option zu sein. Denn obwohl eine europäische Zusammenarbeit von vielen Seiten wünschenswert ist, so konnte diese seit Jahren nicht realisiert werden, und eine baldige Einigung ist nicht in Sicht. 

Dies ist auch die Haltung von Organisationen und Verbänden aus der Zivilgesellschaft. In Bayern haben sich bis dato 16 Städte und Kommunen den Forderungen des Bündnises Seebrücke angeschlossen und zeigen sich aufnahmebereit. Sie hoffen, genug Druck auf das Bundesinnenministerium aufbauen zu können und es zu einem Richtungswechsel zu bewegen. Aber auch vor Ort, in den Städten und Kommunen finden sich seit Jahren Engagierte, die sich für eine andere Asylpolitik in Bayern einsetzen.

Einer davon ist Janosch Freuding. Er ist ehrenamtlich bei Unser Veto Bayern aktiv und arbeitete in Bamberg als Deutschlehrer mit Geflüchteten zusammen. Unser Veto ist der Dachverband der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer*innen in Bayern, hat sich 2018 gegründet und will sowohl die Interessen der Ehrenamtlichen vertreten als auch in einen Dialog mit der Politik treten. In Zusammenarbeit mit der Seebrücke und Agaby, der Arbeitsgemeinschaft der Ausländer,-Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns, findet am 27. September ein bayernweiter Aktionstag unter dem Motto „Mehr Sichere Häfen“ statt, der lokale Verbände und Menschen in den Städten und Kommunen dazu aufruft, auch vor Ort eine Seebrücke zu gründen.

Das Thema solle noch stärker in die Öffentlichkeit treten, sagt Janosch Freuding. „Wir wollen langfristig kommunale Aufnahme stärken, da sie die einzige sinnvolle Form der europaweiten Verteilung von Geflüchteten ist. In Europa bewegt sich insgesamt nicht viel bei dem Thema, weil sich einzelne Länder nicht einigen können. Wenn sich die Kommunen bereit erklären, kann man diese Situation aufbrechen. Außerdem ist die Erfahrung vor Ort vorhanden“, so Freuding.

Masterplan der bayrischen Asylhelfer*innen

Im Jahr 2018 ist der „Masterplan der bayrischen Asylhelfer*innen“ auf Initiative der Bamberger Mahnwache Asyl erschienen, an dessen Entstehung Freuding maßgeblich beteiligt war. Die Ehrenamtlichen stellen hier, gestützt auf ihre Erfahrungen, dar, wie eine menschenwürdige und geordnete Asylpolitik aus ihrer Sicht aussehen muss und gelingen kann. Über die Forderungen des Masterplans, der kontinuierlich weiterentwickelt wird, gab es bereits Gespräche mit Mitgliedern der Landesregierung. Seit der Landtagswahl 2018 gibt es einen regelmäßigen Austausch, erzählt Joachim Jacob, zweiter Vorsitzender von Unser Veto Bayern.

In einem mehrstufigen Dialog steht der Verband zuerst mit den Fachabteilungen im Bayerischen Innenministerium in Kontakt. Was dort nicht zum Abschluss kommt, geht weiter in die Runde mit den Staatsekretär*innen und letztendlich zu Innenminister Herrmann. In den regelmäßigen Gesprächen konnten auch schon einige Verbesserungen erreicht werden. So werden Deutschkenntnisse und gute Integration heute bei der Ausbildungsvergabe berücksichtigt. Hauptschwerpunkt von Jacob ist das Thema Arbeit. „In Bayern werden die Spielräume, die die Bundespolitik gelassen hat, was Arbeit und Ausbildung betrifft, nicht ausgenutzt. Außerdem sind die Unterschiede zwischen den Landkreisen sehr groß.“

So hätten im Landkreis Dachau von etwa 1000 Bewerber*innen um die 100 eine Ausbildungsgenehmigung bekommen. Im Nachbarlandkreis Erding bei der gleichen Anzahl an Bewerber*innen nur 2. „Es liegt massiv an den Landrät*innen und ihrer Großzügigkeit, wie viele Menschen eine Ausbildung beginnen können.“ Er wundert sich, dass das Innenministerium nicht darauf hinwirkt, diese Unterschiede aufzulösen. Des Weiteren sei Bayern restriktiver als andere Bundesländer, und durch Seehofer einen strikteren Kurs mit festen Terminen eingeschlagen, wenn es um die Identitätsklärung bei Geflüchteten geht. Dass diese dermaßen im Vordergrund stehe, erschwere die Arbeit der Ehrenamtlichen.

Auch wenn im Jahr 2019 24 Gespräche mit verschiedenen Bereichen des Innenministeriums geführt werden konnten und Stellungnahmen von Ehrenamtlichen eingeholt wurden, wie etwa bei Beratungsrichtlinien oder Unterkunftsgebühren, sei dies längst nicht ausreichend. Weiterhin gibt es viele Probleme wie etwa die fehlende Arbeitserlaubnis für viele junge Menschen, die zu Unmut führt. Durch Corona wurden diese nicht weniger, einige haben ihren Ausbildungsplatz verloren oder konnten ihn nicht antreten.

Noch ein langer Weg

Bis zu einer Asylpolitik, wie Unser Veto sie im Masterplan fordert, scheint es noch ein langer Weg zu sein. Janosch Freuding hofft jedenfalls, dass sich die Lage auf dem Mittelmeer und auf Moria verändert. Und dass ein Zustand erreicht wird, der das Sprechen von einer europäischen Wertegemeinschaft erlaubt. Persönlich ist es ihm wichtig, dass noch mehr in Dialog getreten wird. „Bei den Flüchtlingshelfer*innen ist sehr viel Expertise vorhanden. Es gibt viele konstruktive Lösungsvorschläge“.

Auch intern solle noch mehr Zusammenarbeit stattfinden und die Ergebnisse dann auch von Regierungsseite aufgegriffen werden. Um eine bessere lokale und überregionale Vernetzung zu erreichen, gibt es neben der Aktion „Mehr Sichere Häfen“ ein Onlineseminar mit Input von der Seebrücke, Agaby und Joachim Jacob von Unser Veto. Dabei soll es unter anderem um die Gründung lokaler Seebrücke-Ortsgruppen gehen und um Ideen, wie kommunale Aufnahme gestärkt werden kann.

➡︎ Sonntag, 27. Septmeber, 18:00 Uhr, hier (livewebinar.com).

Ibo Mohamed (22) lebt in Bamberg und macht aktuell eine Ausbildung zum Erzieher. Er ist in zahlreichen Gruppen aktiv, aktuell vor allem bei Fridays for Future, und setzt sich unter anderem gegen Rassismus und für eine menschenwürdige Asylpolitik ein. Im Juli hat er die Bamberger Seebrücke mitgegründet.

Emilia Ternes (22) studiert Politikwissenschaft und Geschichte in Bamberg. Sie hat dort im Juli die lokale Seebrücke mitgegründet, engagiert sich im Verein Change und beschäftigt sich unter anderem mit Nachhaltigkeit und Feminismus.

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