Online-Durchsuchung: Spionagekrieg in der Koalition
Bundesinnenminister Wolfgang Schäubel streitet mit Justizministerin Zypries über die Online-Durchsuchung. Die SPD wartet derweil auf das Urteil des Verfassungsgerichts.
BERLIN dpa/taz Die Koalition streitet über das staatliche Schnüffeln in Privatcomputern. Nach einem Interview von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) wies Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag entschieden Meldungen zurück, er wolle einlenken: "Es wird kein BKA-Gesetz ohne Online-Durchsuchung geben."
Das für eine Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) geplante Gesetz befinde sich in der Ressortabstimmung, "und zwar mit dem Instrument der Online-Durchsuchung". Vizeregierungssprecher Thomas Steg ergänzte: "Die Bundeskanzlerin kann sich kein BKA-Gesetz ohne Online-Durchsuchungen vorstellen." Zypries hatte der Berliner Zeitung gesagt: "Der Innenminister scheint inzwischen von seiner Forderung abzurücken, dass der Gesetzentwurf zu den neuen Zuständigkeiten des Bundeskriminalamts die heimlichen Online-Durchsuchungen enthalten muss." Es scheine sich abzuzeichnen, dass Schäuble das BKA-Gesetz ohne diesen Punkt den Ländern zur Abstimmung vorlegen werde.
Im Justizministerium bezieht man sich auf einen Brief Schäubles an die Spitzen der Koalitionsfraktionen. Das BKA soll nach der Föderalismusreform mehr Kompetenzen bei der Terrorbekämpfung erhalten, was eine Gesetzesänderung erfordert. Schäuble will damit zugleich die heimlichen Online-Durchsuchungen via Internet auf eine gesetzliche Grundlage stellen, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) im Februar die Datenschnüffelei verboten hatte.
In der SPD gibt es Vorbehalte, ob dieses Ermittlungsinstrument überhaupt benötigt wird. Zypries betonte, Online-Durchsuchungen stellten einen extremen Eingriff in die Privatsphäre dar. Dazu wird sich demnächst das Bundesverfassungsgericht äußern. Diese Entscheidung wollen die meisten Abgeordneten in der SPD-Fraktion erst einmal abwarten, bevor die Online-Durchsuchung weiter diskutiert wird. Sie könnten sich auch vorstellen, das BKA-Gesetz ohne die Regelungen für die Datenspionage abzustimmen und sich diesem umstrittenen Thema später zuzuwenden.
Karlsruhe wird am 10. Oktober verhandeln. Dabei geht es um das geänderte nordrhein-westfälische Verfassungsschutzgesetz, das Online-Durchsuchungen von Festplatten zulässt. Die Beschwerdeführer - unter ihnen der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Rudolf Baum - sehen den Datenschutz und die Unverletzlichkeit der Wohnung in Frage gestellt. Ein Urteil wird frühestens Ende des Jahres erwartet. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, warf Zypries eine "gezielte politische Falschmeldung" vor. Zypries und die SPD handelten unverantwortlich, wenn sie weiterhin die erforderlichen Rechtsgrundlagen für Online-Durchsuchungen bei Terroristen blockierten. Der Innenexperte der FDP-Fraktion, Max Stadler, warf Zypries vor, die Online-Durchsuchung nicht konsequent abzulehnen. Die FDP betrachtet diese als schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte. Die Linksfraktion sprach von einem "Koalitionshickhack beim Grundrechtsabbau". Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bezeichnete Schäuble als "beratungsresistent", weil er noch immer die Online-Durchsuchung in das BKA-Gesetz einfügen wolle. "Schäubles Schnüffelstaat passt nicht zur freiheitlichen Architektur des Grundgesetzes."
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