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Omas letztes teures Hemd

■ Bestatter lassen sich die Scheu vor dem Tod bezahlen / Discounter boomen

Omas letztes teures Hemd

Bestatter lassen sich die Scheu vor dem Tod teuer bezahlen / Discounter boomen

„“Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden uns schon um Omichen kümmern!“ Wohlgelaunt drückt mir der Bremer Bestattungsunternehmer, Typ guter Onkel um die 60 im branchenüblichen schwarzen Anzug, zum Abschied seine Visitenkarte in die Hand. „6000 bis 7000 DM“ steht da drauf, soviel soll das Begräbnis meiner Großmutter im „schlichten Rahmen“ kosten. Meine erfundene Oma heißt Ina Berthold, ist 83 Jahre alt und liegt im Sterben. Nun gehört es zu meiner Enkelspflicht, ihre letzten Dinge zu regeln — und damit einen ersten tiefen Einblick ins Bremer Bestattungsgeschäft zu gewinnen.

Im nächsten Begräbnisinstitut bleibt die Kostenfrage nicht eine vage Kartennotiz. Geduldig stellt mir mein Berater die nötigen Einzelheiten der Bestattung auf einer vorgedruckten Preisliste zusammen. Mit Orgelspiel oder ohne, Sargschmuck für 150 oder 200 Mark, Traueranzeige ja oder nein, Trinkgeld für die Totengräber — alles Fragen, die zu klären sind. Unterm Strich stehen am Ende stolze 5.974 Mark und 50 Pfennig — ein durchschnittlicher Preis unter konventionellen Bestattern. Ob ich der Omi den Sarg — immerhin ein Hauptkostenfaktor — denn auch selber besorgen könne, frage ich den verständnisvollen Herrn in Schwarz. Halb erstaunt und halb entrüstet entgegnet er: „Wie wollen Sie den Sarg denn transportieren ? Dafür brauchen Sie einen extra zugelassenen Kraftwagen!“ Bei Billiganbietern dagegen ist das alles kein Problem.

Denn seit Norbert Blüm im Januar 1989 das Sterbegeld für Normalsterbliche auf magere 2.100 Mark zusammengekürzt hat, weht ein schärferer Wind im Bestattungsgewerbe. Die Kunden versuchen, ihre teuren Verblichenen möglichst billig unter die erde zu bekommen. Die relativ preiswerten Anonym- und Feuerbestattungen sind voll im Schwange, vor allem aber steigen die sogenannten „Sargdiscounter“ in der Gunst der KundInnen. Seit Mitte der 80er Jahre bieten die Preisbrecher in den deutschen Großstädten Begräbnisse zu Kampfpreisen an.

„Die Kiste macht's !“, weiß auch Geschäftsführer Woite vom Berliner „Sargdiscount“ aus eigener 20jähriger Bestattererfahrung. Seine konventionellen Kollegen schlagen bis zu 400 Prozent Gewinn aus den Särgen heraus. „Bestattung hat nix mit Pietät zu tun. Das ist ein knallhartes Geschäft, in dem auch Schmiergelder eingesetzt werden, um am Topf zu bleiben. „500 Mark und die Leiche ist für Sie“, habe ihm schon einmal ein hausarzt einen Bestattungskunden angeboten — doch er hätte abgelehnt, sagt Woite.

„Eine klare Irreführung des Verbrauchers!“, wettert Jürgen Bethke vom Bundesverband des Deutschen Bestattungsgewerbes gegen die Dumping-Strategie der Discounter. Nach seiner Einschätzung haben die Billigbestatter einen „gefährlichen Preiskrieg“ heraufbeschworen. Wenn nur noch der Preis zähle, verkomme der Bestatter zum „Sargverkäufer“, die Bestattung zur „Leichenentsorgung“.

Den Vorwurf der Pietätslosigkeit läßt Mike Brümmer vom Bremer Discounter „Bestattungscenter“ allerdings nicht gelten: „Das konventionelle Bestattungsgeschäft ist ein Geschäft mit der Angst der Leute vor dem Tod.“ Seit der „Wall des Tabuthemas Tod“ gebrochen sei, würden die Kunden auf den oft „mystischen Charakter“ der Bestattungsunternehmen keinen Wert mehr legen. Billiger ist der „Bestattungscenter“ allemal - für knappe 4.000 Mark kommt meine Omi hier unter die Erde.

Gisa Funck

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