Olympiabewerbung: Wowereit greift nach den Ringen
Mit einer eher bescheidenen Bewerbung will der Regierende die Spiele angeln. Mit Tegel, Tempelhof und sogar Lübars will man Hamburg ausknocken.
„Bescheiden“ sollten die Olympischen Spiele in Berlin werden, verkündete Klaus Wowereit (SPD) am Montag – und ergänzte sicherheitshalber: „Im besten Sinne des Wortes“. Dass es eine eher bescheidene Idee sein könnte, noch so ein Großprojekt zu schultern, diese Überlegung lag dem Regierenden Bürgermeister und seinem Sportsenator Frank Henkel (CDU) am Montag fern: Bei der Vorstellung von Berlins „Interessenbekundung“ für die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 oder 2028 war ihr Optimismus medaillenverdächtig.
Die beiden präsentierten eine Hochglanzbroschüre als Antwort auf jene 13 Fragen, mit denen der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mehr über die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen, aber auch die mentale Bereitschaft von Stadt und Gesellschaft herausfinden will. Berlins Mitkonkurrent um die Nominierung zur offiziellen deutschen Olympiabewerberin – Hamburg – stellte sein Konzept zeitgleich vor.
„Die ganze Welt in unserer Stadt“ lautet Berlins Slogan – nicht gerade ein Motto der Bescheidenheit, aber die Olympischen sind ja auch nicht die Bundesjugendspiele. Im Gegensatz zu Hamburg versucht der Berliner Senat dann auch mit einem gewissen Downsizing-Effekt punkten zu wollen. Nachhaltig sollten die Berliner Spiele sein, hieß es am Montag ein ums andere Mal, transparent, ökologisch, „smart“ und „zum Anfassen“. Besonders wichtig ist der rot-schwarzen Regierung, den Eindruck zu vermeiden, dass eine Ausrichtung die Stadt teuer zu stehen kommen könne. Im Gegensatz zu Hamburg, das 6,5 Milliarden Euro für Neu- oder Umbau von Sportstätten sowie sonstige Infrastruktur veranschlagt, wollen Wowereit und Henkel das mit nur 2 Milliarden schaffen.
Dafür spricht, dass Berlin bereits über etliche Austragungsorte verfügt, unter anderem ein modernisiertes Olympiastadion. Das Konzept bezieht auch Orte ein, die sich mit wenig Aufwand temporär nutzen lassen sollen: der „City Cube“ auf dem Messegelände etwa oder die O2-World in Friedrichshain. Die Hangars von Tempelhof wären Kulisse für Boxkämpfe, die innerstädtische Spree fürs Freiwasserschwimmen. Zum Mountainbike-Parcours ginge es in den Freizeitpark Lübars. Und mit dem Olympischen Dorf entstünden am östlichen Ende des heutigen Tegeler Flugfelds rund 5.000 Wohneinheiten, die später zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen würden.
Beim Thema Paralympics hatten die Bewerber eine ganz besondere Überraschung in petto: Sollte man deutsche Bewerberstadt werden, so Henkel, werde man dem IOC als Veranstalter vorschlagen, die behinderten Sportler erstmals vor den nichtbehinderten starten zu lassen, um so die Aufmerksamkeit für ihre Spiele zu erhöhen. „Damit könnte Berlin mal einen Punkt setzen“, fand Henkel. Welche Chancen ein solcher Vorschlag hätte, ist freilich völlig offen.
In Sachen Partizipation geht man derweil in die Vorwärtsverteidigung: „Der Senat hält es für sinnvoll, zunächst über das ’Wie‘ einer möglichen Bewerbung zu diskutieren, bevor über das ’Ob‘ entschieden wird“, so die Autoren der Konzeptbroschüre. Die Menschen müssten ja wissen, worüber sie am Ende abstimmen. Dass sie das irgendwann 2015 tun können, soll beschlossene Sache sein. Am 6. Dezember entscheidet aber erst einmal das DOSB, wer antreten darf.
Nicht so sportlich nahm all das die Opposition: „Viel Lyrik, wenig Konkretes“, moserte Linken-Fraktionschef Udo Wolf. Die Zahlen seien gar nicht belastbar. Und laut der Grünen-Vertreterin im Sportausschuss Anja Schillhaneck gibt es „ohne eine grundsätzliche Veränderung des IOC bezüglich Transparenz und Vertragsgestaltung keine Akzeptanz für Olympia“ in Berlin.
Berichte Seite 12 und 19
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