Olympia Tag 11 – Die Nacht: Einäugig zu Gold gerungen
Mit T-Shirt springt ein Russe am höchsten. Mit zerquetschtem Auge erringt ein Südkoreaner Gold. Mit einem Rollstuhl muss ein Hürdenläufer aus dem Stadion fahren.
Der Wettkampf der Nacht: Der Hochsprung der Männer. Der Russe Iwan Uchow gewinnt mit einer Art Carles-Puyol-Gedächtnismatte und mit Weltjahresbestleistung von 2,38 Meter (bei 1,98 Meter Körpergröße) Gold. Zwischendurch findet er sein Trikot nicht und springt kurzerhand im T-Shirt.
Silber holt der Erik Kynard (USA). Kynard verdient aber zumindest den Titel als wütendster Mann des Abends: Wie Rumpelstilzchen hüpft er nach jedem Fehlversuch über die Matte und brüllt die Latte an. Brüderlich geteilt wird der dritte Platz: Mutaz Essa Barshim (Katar – yeah!) als auch Derek Drouin (Kanada) und Robert Grabarz (Großbritannien) springen 2,29 Meter.
Der Athlet der Nacht: Der Zyklop von Gangwon! Obwohl das rechte Auge des Südkoreaners Kim Hyeonwoo nach einem Kopfstoß in Form und Farbe einer Pflaume gleicht, holt er sich das Gold der griechisch-römischen Ringer im Leichtgewicht. Im Finale besiegt er den Ungarn Thomas Lorincz, der zuvor im Achtelfinale die deutsche Medaillenhoffnung Frank Stäbler niedergerungen hatte. Stäbler kommt zwar in die Hoffnungsrunde, verliert den Kampf um Silber ab er gegen den Georgier Manuchar Tskhadaja.
Der Fehlstart der Nacht: Liu Xiang. 80.000 Fans unter Schock. Im Vorlauf über die 400-Meter-Hürden der Männer prallt der frühere Weltrekordler bereits nach 13,72 Metern frontal an die ersten Hürde und wird im Rollstuhl aus dem Stadion geschoben. Schon 2008 in Peking musste er nach einem Fehlstart im Vorlauf wegen einer Achillessehnenverletzung aufgeben.
Die Schlussfolgerung: Diese Dienstagnacht war für die Männer nicht so richtig glücklich: Blaues Auge für Südkorea, Trikotverlust für Russland, Rollstuhl für China, Nackenschlag für Deutschland. Aber gut, es war auch der Tag der Männer (Fußballhalbfinale Brasilien gegen Südkorea und Mexiko gegen Japan).
Für die Frauen hingegen lief alles bestens: Die perfekter als perfekten russischen Synchronschwimmerinnen machten eine ebenso gute Figur wie die glamouröseste aller unterarmbeschmückten Sprinterinnen, Sanya Richards-Ross, im Vorlauf der 200 Meter.
Wer noch?
Leichtathletik, Diskuswerfen (Männer): Gold: Robert Harting (Deutschland) | Silber: Ehsan Hadadi (Iran) | Bronze: Gerd Kanter (Estland)
Leichtathletik, 100-Meter-Hürdenlauf (Frauen): Gold: Sally Pearson (Australien) | Silber: Dawn Harper (USA) | Bronze: Kellie Wells (USA)
Leichtathletik, 1.500-Meter-Lauf (Männer): Gold: Taoufik Makhloufi (Algerien) | Silber: Leonel Manzano (USA) | Bronze: Abdalaati Iguider (Marokko)
Leichtathletik, Hochsprung (Männer): Gold: Iwan Uchow (Russland) | Silber: Erik Kynard (USA) | Bronze: Mutaz Essa Barshim (Katar), Derek Drouin (Kanada) und Robert Grabarz (Großbritannien)
Gewichtheben, Superschwergewicht über 105 Kilo (Männer): Gold: Behdad Salimikordasiabi (Iran)| Silber: Sajjad Anoushiravani Hamlabad (Iran) | Bronze: Ruslan Albegow (Russland)
Ringen, Griechisch-Römisch, Halbschwergewicht bis 96 Kilo (Männer): Gold: Ghasem Rezaei (Iran) | Silber: Rustam Totrow (Russland) | Bronze: Jimmy Lidberg (Schweden) und Artur Alexanjan (Armenien)
Ringen, Griechisch-Römisch, Leichtgewicht bis 66 Kilo (Männer): Gold: Kim Hyeonwoo (Südkorea) | Silber: Thomas Lorincz (Ungarn) | Manuchar Tskhadaja (Georgien) und Steeve Guenot (Frankreich)
Kunstspringen, 3 Meter (Männer): Gold: Ilja Sacharow (Russland) | Silber: Qin Kai (China) | Bronze: He Chong (China)
Synchronschwimmen, Duett (Frauen): Gold: Natalia Ischtschenko und Swetlana Romaschina (Russland) | Silber: Ona Carbonell und Andrea Fuentes (Spanien) | Bronze: Huang Xuechen und Liu Ou (China)
Was noch?
Die Türkei versagt erneut (diesmal in Gestalt der Ringer Atakan Yüksel und Cenk Ildem, die es nur ins Viertel- bzw. Achtelfinale schaffen sowie der Basketballfrauen, die im Viertelfinale an Russland scheitern) und bleibt weiterhin ohne Goldmedaille.
Die Beachvolleyballer Jonas Reckermann und Julius Brink stehen als erstes deutsches Beachvolleyball-Duo in einem Finale bei Olympischen Spielen. Im Halbfinale bezwangen sie die Niederländer Reinder Nummerdor und Richard Schuil mit 2:0 (21:14, 21:16). Am Donnerstag geht's gegen die brasilianischen Weltmeister Alison Cerutti und Emanuel Rego, die sich mit 2:0 (21:15, 22:20) gegen Martins Plavins und Janis Smedins aus Lettland durchsetzten.
Bei den Beachvolleyballerinnen wird es am Mittwoch zu einem inneramerikanischen Finale kommen. Die zweimaligen Olympiasiegerinnen Misty May-Treanor und Kerri Walsh besiegten Zhang Xi und Xue Chen aus China mit 2:0 (22:20, 22:20). Ihre Gegner: das zweite US-Team Jennifer Kessy und April Ross, die mit 2:1 (15:21, 21:19, 15:11) die Weltmeisterinnen Juliana Silva und Larissa Franca aus Brasilien besiegten.
Die deutschen Hockey-Herren haben mit einem 5-5-Unentschieden als Gruppenzweite das Halbfinale erreicht, wo am Donnerstag Australien auf sie wartet. Das zweite Halbfinale bestreiten die Niederlande und Großbritannien.
Wasserball, Halbfinale (Frauen): USA – Australien 11:9 n.V. | Ungarn – Spanien 9:10
Fußball, Halbfinale (Männer): Mexiko – Japan 3:1 | Brasilien – Südkorea 3:0
Basketball, Viertelfinale (Frauen): USA – Kanada 91:48 | Australien – China 75:60 | Türkei – Russland 63:66 | Frankreich – Tschechien 71:68
Handball, Viertelfinale (Frauen): Brasilien – Norwegen 19:21 | Spanien – Kroatien 25:22 | Russland – Südkorea 23:24 | Frankreich – Montenegro 22:23
Volleyball, Viertelfinale (Frauen): Japan – China 3:2 | Russland – Brasilien 2:3 | USA – Dom. Republik 3:0 | Italien – Südkorea 1:3
***
Beim Fehlstart der Nacht ist uns ein Fehler unterlaufen: Liu Xiang ist schon am Vormittag über die Hürde gestürzt. Der Fehlstart der Nacht kam von Matthias Steiner, dem die 196 Kilo Hantel auf den Nacken fiel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku