Olympia-Eröffnungsfeier: Tokioter Elegien

Die Olympischen Sommerspiele in Tokio sind eröffnet. Zuschauer und Vorfreude gibt's beim Opening meist nur in homöopathischen Dosen.

Das argentinische Tea bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele.

Argentinische FahnenschwenkerInnen bei der Eröffnungsfeier in Tokio Foto: Pilar Olivares/reuters

Nun sind sie also offiziell eröffnet, die in olympischen Dimensionen ungeliebten Sommerspiele von Tokio. Freitagmittag deutscher Zeit fand die Eröffnungsfeier im fast leeren Olympiastadion statt – ein Präludium in Moll. Zugelassen im Rund waren nur etwa 1.000 Olympia-VIPs, Ehrengäste, Spitzenpolitiker, Freiwillige und Journalisten.

Ruhig, zurückgenommen und elegisch begann die Zeremonie, deren künstlerischer Leiter Kentaro Kobayashi vor zwei Tagen von seinen Aufgaben entbunden wurde, weil er im Jahr 1998, noch in seiner Karriere als Comedian, einen Sketch aufführte, in dem er sich über den Holocaust lustig gemacht hatte.

Dann marschierten zwei Hanseln ein und postierten sich vor weißen Luxussesseln: IOC-Chef Thomas Bach, der in Japan so beliebt ist wie ein Corona-Nasenabstrich, und Kaiser Naruhito, dessen Mittelscheitel wieder mit beeindruckender Präzision gezogen war.

Andere zogen es vor, nicht zu erscheinen, wie der Toyota-CEO Akio Toyoda. Sein Fehlen und das aller anderen potenzierte die Leere in der Arena. Entropie allerorten, und wer schon einmal eine Eröffnungsparty in all ihrer Opulenz erlebte, die sekündliche Verschiebung von Menschenmassen und Kulissen, das Ausreizen aller technischen Möglichkeiten, der erlebte in Tokio nun eher einen Kontra­punkt – trotz eines recht eindrucksvollen Drohnenflugmanövers über der Arena, das endlich auch ein paar Tokioter außerhalb der Bubble goutieren konnten.

Ausnahme Argentinien

Die relativ effektarme Inszenierung war so erwartet worden, denn die japanische Öffentlichkeit muss erst noch dazu überredet werden, die Spiele zu adoptieren. Und dann ist da auch noch das Coronavirus, das ja fast schon die ganze Welt mit einer Schicht Mehltau überzogen hat.

So fehlte also alles, was normalerweise am Vorabend der ersten Olympia-Entscheidungen zu bestaunen ist: enthusiastische Fans, die mit Blitzlichtern und Smartphones für eine chaotische Choreografie auf den Rängen sorgen, Sportler und Sportlerinnen, die mit einem einmaligen Gefühl der Erhabenheit dem Fahnenträger folgen. Was wir sahen: Athleten mit Masken und, je nach Ermessen, Abstand.

Aber dann? Was war das? Die Abgesandten aus Argentinien flippten förmlich aus. Die sich verklumpende Marschformation tanzte und sang. Auch die US-Amerikaner und Franzosen gingen aus sich heraus, während Deutschlands Abordnung sich wieder einmal um den Sonderpreis für die schlechtesten Klamotten bewarb.

Na bitte, Argentina: Es geht doch auch anders, man muss nur das Beste aus einer an sich abtörnenden Situation machen; und dazu gehört auch, bei der Schmonzetten-Prosa von Thomas Bach – „Diese Solidarität ist der Treibstoff für unsere Vision, die Welt zu einem besseren Ort zu machen“ – auf stumm zu schalten.

Diese merkwürdigen Spiele in den kommenden 14 Tagen noch zu einem halbwegs konsumierbaren Sportfest zu machen, das ist nun die Aufgabe von etwa 11.000 Sportlern, die an 41 Olympiastätten und in 33 Sportarten um Plaketten kämpfen. Diese Solidarität ist der Treibstoff für unsere Vision, die Welt zu einem besseren Ort zu machen

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