: Olympia — bunter, schöner, teurer
■ Die Senatskanzlei genehmigte sich in Sachen Olympia 6,5 Millionen DM außerplanmäßige Mittel/ Bündnis 90/Grüne kritisieren dies anläßlich heftiger Kürzungen im Sozialbereich und Personalstopp
Schöneberg. Spät, aber immerhin. Nun kommt sie doch, die Olympia- Kritik. Selbstbedienungsmentalität und Abenteurertum warf gestern das Bündnis 90/Grüne der Senatskanzlei in Sachen Olympia vor. Die nämlich, so Ex-Umweltsenatorin Michaele Schreyer und Ex-Sportstaatsekretär Hans-Jürgen Kuhn, habe sich trotz allgemeinen Personalstopps und Kürzungen im sozialen Bereich mal so eben 6,5 Millionen »außerplanmäßige Ausgaben« für das Olympia- Büro genehmigen lassen.
Die Sonderzahlung des Finanzsenators soll laut Bündnis zunächst für Eigenwerbung, eine neue Datenverarbeitung und die Anwerbung einer Kommunikationsagentur angelegt werden. Diese Agentur soll laut Kuhn dann noch einmal einen Etat von 12 Millionen DM ausgeben dürfen. Außerdem seien weitere Millionen dafür vorgesehen, »meistbietend Sportveranstaltungen nach Berlin zu holen«. Wer aber Olympia veranstalten wolle, so Schreyer, müsse sich auch »vom Parlament kontrollieren lassen«.
Schreyer und Kuhn wiesen darauf hin, daß Innensenator Heckelmann (CDU) gerade einen Ausgabenstopp für Personal verfügt habe und daß die östlichen Bezirke nicht wüßten, »wie sie die alltäglichen Leistungen finanzieren sollen«. Während im »Bildungs- und Jugendbereich, bei der Aids-Prophylaxe und bei Frauenprojekten gekürzt« werde, plane der Senat Olympia immer »schöner, bunter, teurer«. Die Miete für den neuen repräsentativen Olympia-Sitz »Ribbeck-Haus« in der Breiten Straße im Ostteil ist laut Kuhn in der Summe noch nicht einmal enthalten. In das Ribbeck-Haus soll bald die noch zu gründende Olympia GmbH (51 Prozent Bund und Land/ 49 Wirtschaft) einziehen. Kuhn kritisierte auch, daß sich mit Berlin ausgrechnet eine Stadt für Olympia bewerbe, in der es »fast keine olympiataugliche Sportanlage« gebe, der nun die Subventionen gestrichen würden und in der niemand wisse, wie dies aufzufangen sei.
Das Senatspresseamt teilte mit, daß die vorgesehenen Ausgaben »zukunftsorientiert« seien und allen BerlinerInnen und dem Umland nutzten. Die bewilligten Mittel für das erste Halbjahr 1991 seien vor allem für städtebauliche Untersuchungen und Umweltgutachten der geplanten Wohn- und Wettkampfstätten sowie die »Planung eines zukunftsweisenden öffentlichen Nahverkehr« vorgesehen. Nahezu alle Maßnahmen, so Senatssprecher Flämig, »müßten auch ohne eine Olympiabewerbung dann vorgenommen werden« und dienten der Entwicklung Berlins zu einer »menschlichen Stadt und europäischen Metropole«. kotte
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