Olympia – Fechten: Wer hat an der Uhr gedreht?
Das Halbfinale der Degenfechterinnen war einer der spannendsten Wettkämpfe bisher. Am Ende ging es um die Frage, wie lange eine Sekunde ist.
Die Startbedingungen: Dass gerade Britta Heidemann sich einer Medaille nähern könnte, ist eine Überraschung. Für Olympia hat sie sich kurzfristig qualifiziert, im Viertelfinale schlägt sie die Chinesin Li Na ganz knapp mit 13:14.
Die Entscheidung: Die erste Runde gewinnt Heidemann knapp, die Südkoreanerin Shin holt in der dritten Runde auf. Dann: Drei Doppeltreffer hintereinander – 5:5, jetzt wagt Keine mehr den Angriff. Es kommt zum „sudden death“, der Verlängerungsminute. Jetzt zählt der erste Treffer. Fehlanzeige. Stattdessen: sechs Doppeltreffer hintereinander. Die Zeit stoppt, eine Sekunde ist noch zu kämpfen. Pfiff, Doppeltreffer, Zeit stoppt. Nochmal: Pfiff, Doppeltreffer, Zeit stoppt. Nochmal:Pfiff, Heidemann trifft, Zeit stoppt. Die Obfrau gesteht Heidemann den Sieg zu, aber die koreanische Fechterin und ihr Trainer sind empört: Tränen, Wut, Schreie: „Die Sekunde war längst vorbei". Die Jury diskutiert 24 Minuten lang und entscheidet: Heidemann hat gewonnen.
Das Drama: Niedergeschlagen und mit verquollenen Augen sitzt Shin nach der Entscheidung auf der Matte. Sie war so knapp davor.
Die Schlussfolgerung: Die erste deutsche Medaille (Silber) ist Heidemann sicher.
Und sonst? Im ersten Kampf schlägt die Ukrainerin Jana Schemjakina die Weltranglistenerste Yujie Sun aus China und zieht ins Finale ein. Interessiert aber nach dem Kampf zwischen Heidemann und Shin niemanden mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin