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Archiv-Artikel

Olmert signalisiert Gesprächsbereitschaft

Als nächster Schritt nach Waffenruhe zwischen Israel und den Palästinensern soll ein Gefangenenaustausch erfolgen

JERUSALEM taz ■ Einen Tag nach Beginn der Waffenruhe zwischen Israel und den Palästinensern unternimmt Israels Premierminister Ehud Olmert einen weiteren Schritt noch vorn: „Wir werden aus weiten Gebieten abziehen und (jüdische) Siedlungen räumen“, kündigte er gestern im Verlauf einer Gedenkfeier für David Ben-Gurion, Israels erstem Ministerpräsidenten, an. Mit seiner Hoffnung auf die „Wiederbelebung langfristiger Friedensbemühungen“ signalisierte Olmert zum ersten Mal Gesprächsbereitschaft gegenüber der seit Anfang des Jahres amtierenden Hamas-Regierung. Die Palästinenser stünden an einem „historischen Scheideweg“, mahnte er.

Noch ist die gegenseitige Verpflichtung zu einem Gewaltverzicht wacklig. Militante Palästinenser schossen seit Sonntag früh zehn Kassam-Raketen auf israelisches Gebiet ab. Im Westjordanland, das vorläufig nicht Teil der Abmachung ist, töteten Soldaten im Verlauf einer Razzia zwei Palästinenser, darunter eine 50-jährige Frau. Aktivisten des palästinensischen Volkswiderstandskomitees hatten davor gewarnt, die Waffenruhe für nichtig zu erklären, sollte die israelische Armee die Operationen im Westjordanland fortsetzen.

Eine Einhaltung der Waffenruhe ist Voraussetzung für die Befreiung des seit Juni entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit. Berichten der Tageszeitung Jediot Ahronot zufolge verpflichtete sich Israel in der ersten Phase des vereinbarten Austauschs, die Hamas-Minister und Parlamentarier aus der Haft zu entlassen, die kurze Zeit nach der Entführung Schalits festgenommen worden waren. Anschließend würde Schalit auf freien Fuß kommen. Dann wiederum würde eine nicht bezifferte Anzahl weiterer palästinensischer Gefangener aus der Haft entlassen. Die Hamas hatte die Freilassung von über tausend Häftlingen gefordert. Olmert sprach am Montag von „vielen palästinensischen Gefangenen, sogar solchen, die zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden“.

Mit deutlich verändertem Ton als bisher appellierte der israelische Ministerpräsident an die Palästinenser, der Gewalt abzuschwören und nicht länger auf dem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge zu beharren. „Wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern und die Opfer auf beiden Seiten nicht zurückbringen“, setzte er hinzu. Sollten sich die Palästinenser für Friedensverhandlungen entscheiden, würde sich Israel aus „weiten Landstrichen des Westjordanlandes“ zurückziehen, die Kontrollen an den Übergängen erleichtern und die eingefrorenen palästinensischen Gelder transferieren.

Der palästinensische Unterhändler bei früheren Friedensverhandlungen, Saib Erikat, rief dazu auf, die Waffenruhe umgehend auch auf das Westjordanland auszudehnen. „Olmert versteht, dass er einen Partner hat, und das ist Präsident (Mahmud) Abbas“, meinte Erikat. Um Frieden und Sicherheit zu erreichen, „müssen wir uns alle auf das Endspiel konzentrieren“.

SUSANNE KNAUL